Dienstag, 29. Juli 2014

Der Wald in meinem Kopf

Stille.
Und ich bin allein. Ich drehe mich um und gehe die Straße, die ich doch gerade erst entlang spaziert bin, wieder zurück. Vermeide den Blick in die Schaufenster, die mit ihrer Reflexion ein vielleicht verzerrtes Spiegelbild von mir wiedergeben.

So viel habe ich getan. Habe zwei Lieblingsmenschen getroffen, Kaffee getrunken und bin in meinem Bezirk - mein Bezirk... - herumgelaufen, in Läden, die keine Bezahlung verlangen, gehuscht und habe Seitengässchen entdeckt.
Aber irgendwie lasse ich mich viel zu gerne verunsichern. Keine Geste, kein Blick, kein Wort ist von einem Gegenüber gefallen, bloß konnten meine Augen nicht stillhalten und der Anblick meiner Seite hat mich dann irgendwo umgeworfen.

Ich höre Musik und stolpere über The Postal Service. Ein Plan formt sich in meinem Kopf. Ganz viel Melancholie.
Als ich die Tür aufsperre, ist niemand zu Hause und ich benutze die beliebteste Internet-Plattform um mir ganze Alben von der oben genannten Band anzuhören. Wieder und wieder drücke ich den Replay-Button. Ich hole Tusche. Ich brauche jetzt einfach schwarze Farbe und Pinsel, ganz viele Pinsel. Was ich auf dem großen, bis jetzt noch weißen, Blatt festhalten möchte, weiß ich noch nicht.

Meine Emotionen übernehmen die Strichführung.




Eigentlich ist es grundlos. Trotzdem bin ich gefühlsgeladen bis zum Bersten. Ich weiß auch gar nicht wieso. Oder was der Auslöser war.
Ich möchte mich ausdrücken. Das ist mir ja ein Anliegen. Und irgendwie, so denke ich gerne, funktioniert es auch gut, schreibt man auf, zeichnet man, wie man fühlt. Es funktioniert insofern, dass es behilflich ist, mit den Gefühlen umzugehen. Es ist ein Verarbeitunsgprozess. Für mich zumindest. Ich konzentriere mich dann eigentlich sehr eingehend auf mein Innenleben. Ich denke darüber nach, oder auch nicht und lasse mich einfach leiten, ganz un- und unterbewusst. Was auch immer das Endprodukt dann sein wird. Irgendwie hilft es. Irgendwie befreit es.
Das Bild ist jetzt nicht sonderlich gelungen oder qualitativ oder was für Attribute man sonst noch zu einer Zeichnung sagen könnte. Es zeigt halt einfach mein Kopfgewirr. Ich bin auch schon eingerostet in der Graphik, schon viel zu lange habe ich keine Feder mehr in die Hand genommen und viel zu viel Zeit habe ich verstreichen lassen, zwischen der letzten Konfrontation mit diesem Medium beziehungsweise mit dieser Vorgehensweise, schließlich habe ich doch zu meiner Matura auch gezeichnet. Sogar expressiv. Aber das ist etwas anderes. Auf Knopfdruck Kunst zu produzieren mag mir noch nicht so ganz gelingen, wenn sie denn auch noch dazu viel Innenwelt widerspiegeln soll. Wiedergeben. Widerspiegeln.
Es ist wie Therapie. Danach gehts mir besser. Oder so. Danach bin ich zumindest auf irgendeine Art und Weise leer. Es sind ja all meine Gefühle in das Bild geflossen, nicht?

Viel zu oft vergräbt man sich. Viel zu oft habe ich mich vergraben und habe den Gefühlsregen nicht zugelassen oder nicht ausgedrückt. Nicht akzeptiert. Aber das gehört dazu. Das gehört doch zum Erwachsenwerden. Das gehört doch zum Leben. Immer auf der Höhe sein, wie würde das ausschauen?
Damit muss ich arbeiten. Mit meiner wahnsinnigen Emotionalität, mit der so viele Menschen nicht umzugehen wissen. Ich möchte das aber lernen und sie einsetzen.

Die letzte Nummer auf dem Album verklingt gerade. Ich belasse es dabei und bin in den Strichen, die mal schwarz, mal weiß sind, verschwunden. Immer wieder überkommt mich was und ich betrachte mein bis jetzt Gezeichnetes. Das Blatt füllt sich. Ich streiche die Haarsträhne, sie sich in mein Gesicht verirrt hat, hinter mein rechtes Ohr und tauche den dünnen Pinsel in die Tusche. Ich hole aus und das Bild hat sich schon wieder gewandelt.

Dienstag, 22. Juli 2014

Es muss halt sein

Ich möchte ehrlich sein, und zum Ehrlich-Sein gehört eben auch alles dazu. Wie zum Beispiel die Tatsache, dass ich mir letztens erst wieder gedacht habe, dass ich einfach wieder aufhören sollte zu essen. Weil, was bringts denn eigentlich? Es ist so unglaublich furchtbar und irgendwo auch grausam, wie mit unserer Nahrung umgegangen wird. Der Rewe-Konzert sollte überhaupt zur Gänze boykottiert werden und prinzipiell, diese ganzen Supermarktketten, die bis am Abend Brot backen, den hiesigen Bäckereien alle Kund*innenschaft wegnehmen, die Mitarbeitenden viel zu wenig bezahlen, Menschen ausbeuten, nicht wirklich auf Nachhaltigkeit achten, bloß auf Profit und nicht auf Umwelt oder Gesundheit schauen und ihre Produkte aus nicht so ganz transparenten (was für ein Wort!) Handel beziehen.

Aber das ist es natürlich nicht nur.
Ich fühl mich schrecklich und dick und was weiß ich was, bin einfach unzufrieden mit mir selbst einmal wieder. Und dann ist es naheliegend, für mich zumindest, wieder ins alte Denkmuster zu verfallen.

Wenn ich wieder dünn wäre, dann...

Ja, so schauts nun mal aus. Oder besser, so hat es ausgeschaut.
Ich habe mir nämlich dann gleich danach gedacht, wie schlimm das eigentlich wäre, wenn ich das nicht zusammen bringen würde. Ich bin nun mal ein erwachsener Mensch (oder so) und habe Verantwortung. Eben auch über mich selbst. Ich habe eine Wohnung, sollte auf mich selbst achten und lernen, mit anderen Menschen, die nicht zu meiner Familie gehören, zusammenzuleben. Und das Leben und leben hier ist toll. Da kann man sich echt nicht beschweren. Ich muss es doch zustande bringen, mich selbst zu versorgen. Und essen gehört da halt dazu, das ist so. Wie soll ich jemals ein selbsterfülltes, eigenständiges und erfolgreiches - wie auch immer das dann aussehen mag - Leben führen? Mein Körper gibt mir schon Bescheid und wenn ich Lust auf etwas habe, wie schlimm wäre es dann, würde ich mir das nicht gönnen? Meinem Körper so viel Wichtiges abverlangen? Wie soll ich jemals auf Kinder achten können? Ihnen Nahrung geben, sie aufziehen. Eine Familie haben. Ich muss bei mir selbst anfangen und, naja, schließlich ist essen, so wie Schlaf auch, ein Grundbedürfnis, das gestillt werden muss. Ohne Treibstoff funktioniert man nur auf Sparflamme, kann sich nicht entfalten und verliert an Energie, somit auch an wertvoller Zeit.
Auf sich selbst achten. Auf sich selbst Rücksicht nehmen.
Ich weiß nicht, manchmal denke ich mir, ich bin so ziemlich der egoistischste Mensch, der so auf der Erde wandelt und dann in einem anderen Moment, in einem anderen Kontext befürchte ich, dass ich vielleicht doch zu viel zurückstecke und meine eigenen Bedürfnisse nicht laut genug kundtue. Komisch. Aber in dieser Linie gibt es eigentlich nur einen Weg. Ich kann versuchen, so nachhaltig, wie nur irgendwie möglich, zu konsumieren, meinen Orangensaft mit dem Fair Trade Logo drauf kaufen und mich vegan ernähren. Aber, solange ich nicht einen auf Selbstversorgerin mache, kann ich mir nie so ganz bewusst sein, aus welchen Quellen meine Energien geschöpft wird. Ich versuchs halt mal, mit selbstgebackenem Brot und eigens hergestellter veganer Milch.
Meine Eltern haben mir so viel zugetraut. Sie haben mir eben die volle Verantwortung gegeben, mein Leben alleine zu gestalten, mit ihrer Unterstützung natürlich aber nicht unter ihrer Beobachtung. Ich mach mir auch meine Termine selbst aus. Und irgendwie, ich weiß nicht, ich möchte sie da nicht enttäuschen. Hab ihnen doch schon genug Leid zugefügt, mit ganz unterschiedlichen Dingen. Da kann ich ihnen das doch nicht so danken, dass ich wieder an Gewicht verliere und noch lethargischer werde.
Ich zieh das durch.
Ich lebe und mir tut es immer nur so leid, wenn ich von anderen Menschen höre, für die das nicht Grund genug ist.
Bitte achte auf dich! Esse regelmäßig. Nimm Nahrung zu dir, die gut sind für deinen Körper, aber auch solche, die gut ist für deine Seele. Nimm dir Zeit für dich selbst und lese oder geh spazieren, tu was für dich. Umgebe dich mit Leuten, die es erstens verdient haben, deine Anwesenheit zu genießen, und die dir zweitens gut tun. Entferne dich doch von denen, die das nicht machen. Such dir bitte gleich Hilfe, wenn du eine benötigst und dreh dich sofort um und gehe, wenn du dich mit einer Situation nicht wohlfühlst. Denk nach und schaff dir eine Welt, in der du gerne lebst. Mach dir den Tag immer sonnig, egal, ob gerade Wolken am Himmel die Landschaft vergrauen. Tu die Dinge, die dir Freude bringen und bereue nichts. Schau darauf, dass du auch genug Schlaf abbekommst.
Bitte.
Und das hört sich jetzt schrecklich kitschig oder was weiß ich an, aber es ist mir ein Anliegen.
Es ist nicht notwendig, ein unbuntes Leben zu fristen. Man darf es sich auch gönnen, gut drauf zu sein und zu tanzen und zu springen.
Wir hier sind in einer disponierten Stellung, irgendwie. Wir haben alle genug Ressourcen, um zu leben. Das ist leider echt nicht überall der Fall. Daran müssen genau wir etwas ändern! Aber zuerst funktioniert das nur, wenn wir diese Stellung nutzen. Für uns selbst. Nicht egoistisch, nicht selbst zentriert. Bloß lebensnotwendig.

Also, bitte, schau auf dich!
Ich versuchs auch.

Dienstag, 15. Juli 2014

My radical views and I

Sometimes I am just in the mood to express myself via my English tongue. Though I have earned all my experiences in this language via school, where I had this subject for eight years straight, my television-addiction with the combination of my hate of synchronised voices and my short stay in London a couple of days back, I kind of tend to sometimes think in English and I actually really enjoy writing some pieces only using words which one can find in an English dictionary. I am well aware of the fact that I could definitely improve my skills in this area but nevertheless really feel like writing today's post in English. I do not know what will happen and I definitely do not know if it turns out to be a good or a really, really bad idea. But, hey, I, all in all, have no idea if any posts come even near to the things I formerly wanted to talk about so I should probably just try it out.
But first, I want to tell you why I even had the idea of writing English. When the topic of my radical standpoints first popped into my mind I immediately had to think about my e-mail-conversations with a friend of mine. Even though we both were born in Austria, pretty close actually, we used to write to each other in this language. I guess, because it's a different way to express one's thoughts. Words form reality. Knowing that, every language must kind of "have" their own reality somehow. One just has to think about the things which are only able to formulate in German for example. There are sentences and word formations that really aren't possible to translate as a whole. We use paraphrases and try to get to the gist of a word order by using a variety of different phrases. Another good example is to my mind all the progressive-tenses, which English speakering persons can apply. How do you express an action which happened in the past but took a longer timespan in comparison to one that also took place some time ago, was yet shorter in German?
So, nevertheless, some while ago I wasn't at my height and told this friend which whom I've written quite a lot of mails back and forth in some words that it was also caused by my radical thinking in several areas... But these opinions alone didn't bring me down that much - I mean, of course it was quite hard to think about our patriarchal society and my inability to change anything with this situation - what really made me feel bad about myself was the thing that nobody seemed to share my views. At least not all of them, there were and are, of course, several individuals who share fragments of my thinkings but yet not all of them.

So, where shall I begin?

feminism, racism, any form of discrimination, veganism, clothes

Firstly, I may express my strong feminist way of thinking. You may or may not have sensed that, since I, here and there, have told you about the connection of eating disorders and sexism and also the strong interplay between this exact topic and feminism, I have some thoughts which strongly go in that direction. I kind of was raised like that. Both of my parents consider themselves femists and I really find it hard not to talk about oneself not as one, because it is so important to act on these binary system our society has adapted and also on all the roles which entitle certain groups of people to act in a definite way. We live in a patriachy, there is no doubt about that and everyone who says something different really should overthink one's views and maybe consider going to an optician because this view cannot be clear. When women* still earn significantely less than their male counterpart, there must be something wrong and justice...well, doesn't play a huge part. Elderly women* still face great struggles when reaching the time in their lives where they should have the opportunities to lay back a little and enjoy pension because in many, many cases there isn't any money at hand for them, since they "didn't work" throughout their lives. When household chores and looking after children isn't considered as real substant work, then, I strongly believe, something has to change. Everyone, every gender, is pushed in lables and is being pigeonholed. I, for one, want to breake these strict and uncomfortable boxes and I really want to live my life free from prejudices and consider every human-being as equal individuals, to be honest.
Which leads me to my next issue. I have to agree with bell hooks in this point that every disciminating structure is connected with each other. They can't be dealt seperately but must be understood as related and that they also interact with each other. So, I must stress that racism, sexism, fascism and so many other ideologies, way to treat people or way to deal with one's life are to be abolished. I already stated that I believe everyone should be considered equals so there can't be any space for sexist, antisemitic, ableistic or racist structures in any ways. To abandon these we definitely have to work together. Hand in hand. We need to overthink our everyday routine and also our words, as I wrote earlier, language creates reality, always, so I think that the debate about abolishing gender-neutrality in written formates should really, really be turned into discussions of how we can deal with a society which still does not see everyone equally and how we can smash that as a whole.
Maybe my words couldn't express what I wanted to say entirely, but maybe, to sum it up, I feel a great need to fight discrimination in every form. I want to change something, I just haven't figured out how to do that the best way.

Furthermore, I am  quite concerned about how we, as the so-calles first world, deal with labour. I am highly interested in the conditions how the things I buy are produced and therefore, am very keen on only purchasing items created under fair circumstances. I only wear clothes from which I can be a hundret percent sure that they have been sewed and marketed in a fair and humane way, or, which is often due to the lack of money, seize second-hand options. I have watched so many documentaries about this issue that I just cannot tolerate buying clothes from H&M anymore. Of course, I only can talk for myself and have to accept that not everyone has the same way of thinking, but truly hope, that one day this will change. I know that there are so many great and amazing blogs writing about sustainable fashion, so there must be people out there, who share this way of thinking. We live in a throw-away-society and with the rise of fast fashion we only support the capitalistic structure of it. And I actually really try to purchase as less as possible, but if I do feel the need to own a new pair of anything I do try to find it on the second hand market or, as I have already mentioned, produced under fair conditions.
It really makes me sad that there are really people out there who believe that purchasing a shirt which only costs 5 Euro couldn't be produced unfairly. This shirt won't last long, for one, so it isn't that of a bargain at all, and well, I don't know if it is really so hard to spend like 20 Euro on a shirt, which was better produced.
I even was asked at my final exams in English to describe myself as a consumer. Well, what else could I have said than that I try to be a critical one? - And then I went on and on about labour and working-conditions and everything that my teacher had to interrupt me, she seemed a bit annoyed haha.

Well, I believe this covers probably all of human-related issues. Because, well, of course is payment somehow racist, when we as White people exploit people of colour only to be asured that the jean won't cost more that twenty bucks.
Now I'd like to move on to my animal-loving heart. Oh, how cheesy that sounds!
Okay, with age eleven I decided to quit eating meat as a whole for several reasons. This was quite hard, since I always kind of enjoyed eating chicken and so on, but I went through with this and eventually became a mostly-vegan eating human being a couple of years later. I read too much about that topic to still enjoy a bite of meat of a sip of milk from animals I, firstly, didn't know and that, secondly, were raised and treated extremely cruel. I came to terms with that kind of eating habits and aren't dependent on milk at all. Still, I am not radical in that kind of way that I really, really don't eat anything which is "just" vegetarian. If I know that the eggs I am eating are from the farm from Pleßberg, the village next to mine, where I can be absolutely sure that the chicken there are treated in the nicest possible way, I sometimes eat something with this ingredient in it when I'm at home. I also eat honey, provided I know how the bees where held.
I find it just... I don't know how... how we treat animals. It's similar to the point I elaborated a couple of lines earlier with the working-conditions of human beings. Of course, animals have a different way of feeling pain and of living in general, but still are living creatures which can't be handled like objects. This meat- and milk-industry is also highly connected with capitalism, I suppose. Everything must be cheap, how it was produced doesn't play a role anymore.

Another point, which is also in relation to my further standpoints, is environment and sustainability. I really care about that matter and try to eat in a way which affects our surroundings the least and also use my bycicle and the train and everything to help to conserve it. I am about to study biotechnology to elaborate on the matter of sustainability and to do some research in this area.

How we deal with our life and with the life of others is somehow absurd. We put ourself in the center. We put ourself first. No matter what. But this will eventually lead to something really, really horrible and will cause great damage. If we do not wake up and realise how everything is connected and how everything we do, we say, we purchase can affect the daily life of us or others and how this is a political matter, I don't want to think about the consequences we are going to have to face.
And, again, this makes me sad.
I have friends who have the same view as I do on politics. I also have friends who care about animals and are vegans. Well, I actually do not have friends that exclusively buy their clothes fair or second hand, but I know that there are people out there who do that. But yet, I don't know a single person who is that radical to carry it all out. I mean, of course, the people I like to surround myself with all understand the importancy of these matters, but, I don't know, seem to not care too much to use both pronouns.
I don't know and I really, really hope i don't do anybody any wrong but sometimes, I feel so alone with the way I think. But well, then again, I try to look on the brightside and realise how many amazing people are in my life who just get it. Who know that we live in a patriachy and in capitalism. That's amazing. That's so amazing. All I can do is try to make people realise the urgency of different issues. And I need to start with myself.

Samstag, 12. Juli 2014

Häufigkeit oder: Warum es so schlimm ist, wenn man übersieht

Mein Zimmer in der großen Hauptstadt ist jetzt provisorisch eingerichtet. Ich habe eine Matratze am Boden liegen, die genau für eine Person reicht, habe mir aus Gaffaband und Kartonkisten ein Regal gebaut oder eher gebastelt, das den Anschein macht, als würde es jeden Moment vorn über kippen und irgendwie ist mein Alltag in Wien schon zur Selbstverständlichkeit geworden. Ich koche, wische Platten ab und spiele Harfe. Ich verbringe so viel Zeit wie möglich mit den beiden Liebsten, die zufällig dieselbe Hausnummer haben wie ich, habe vor wenigen Stunden das Internet installiert und fahre mit dem Rad über die dafür vorgesehenen Wege, während ich mich über die Fußgänger*innen ärgere, die zwischen ihrem und dem Radfahrweg nicht unterscheiden können.
Irgendwie bin ich angekommen.

Und irgendwie wird mir von Tag zu Tag immer bewusster, wie es mit meinen Mitmenschen aussieht. Und vor allem, was für einen Wert die Gesellschaft auf psychische Schwierigkeiten und Krankheiten legt. Es ist schrecklich und wird mir immer klarer, wie unglaublich viele, teilweise auch in meiner unmittelbaren Nähe, durch solche Probleme gehen müssen, ohne Hilfe, ohne richtige Behandlung, ohne anerkannt zu werden.

Wenn man Schwierigkeiten mit der Lunge hat, ist das ganz in Ordnung - muss man halt alle paar Wochen zum Doktor Lorentz gehen und sich immer wieder neue Nasensprays und Inhalatoren besorgen. Nicht weiter schlimm, weil behandelbar. Asthma zum Beispiel ist allerdings in vielen Fällen nicht heilbar und eigentlich einfach da. Ist man aber von einer Borderlineerkrankung, die plötzlich auftritt und irgendwie nicht wegzugehen scheint, betroffen, muss es erstens einen Grund, wie akzeptiert dieser dann wird, sei dahingestellt, für diese Situation geben und noch wichtiger, hören die Selbstverletzungen und die weiters dazugehörenden Verhaltenszüge auf, ist man geheilt. Punkt.
Ich hab Asthma mit irgendeinem Bronchitis-Zusatz, immer schon. Früher war es aber wesentlich schlimmer, da hatte ich einfach jeden Winter Bronchitis und habe gebellt, wie ein Rottweiler, der in einen Käfig eingesperrt von zwei kleinen Kindern geärgert wird. Das alles hat jetzt sehr nachgelassen. Ich bin wohl immer noch recht anfällig und vor allem im Winter werde ich ganz schnell krank, huste mir meine Lunge aus dem Leib, aber die richtigen Bronchitissymptome haben deutlich nachgelassen. Trotzdem ist sie da. Ganz geheilt bin ich halt einfach nicht, das ist auch dem oben genannten Doktor Lorentz bewusst und auch vielen anderen.
Außerdem nimmt die Zahl der Menschen, die mit Laktose- oder Glutenunverträglichkeiten leben müssen eindeutig zu.

So, wo hat das jetzt Relevanz?
Ich möchte einfach ein Beispiel geben, wie beinahe angesehen körperliche Krankheiten, Allergien und Unverträglichkeit sind. Die werden hingenommen, akzeptiert und man versucht, so viel dagegen zu tun, wie nur möglich.
Und jetzt kommen psychische oder psychosomatische Erkrankungen ins Spiel. Was leider von viel zu vielen einfach vergessen wird, ist, dass, wie es meine Mitbewohnerin letztens so unglaublich treffend formuliert hat, psychische Probleme einfach eine Krankheit des Kopfes, des Gehirnes ist. Und unser Gehirn ist doch genauso ein Teil von uns und unseren Körpern. Wenn die Gedankengänge weitergehen, obwohl äußerlich alles in Ordnung zu sein scheint, dann sind diese Störungen einfach noch nicht überwunden.
Ich hab jetzt wieder Normalgewicht. Bin ich deswegen von dem ganzen Essstörungs-bla geheilt?

Aber viel wichtiger, solche Probleme sind einfach genauso häufig, wie irgendeine Bienenstichallergie. Sie sind schwierig auf den ersten Blick zu erkennen und werden meist unterdrückt oder übergangen. Es geht einem Mädchen zwar schlecht, aber das ist egal, sie ist ja nach Definition gesund. Ein anderer Mensch denkt darüber nach, sich selbst zu verletzen, tut es aber nicht, keine Narben sind sichtbar, es ist also alles okay mit diesem.
Es gibt so wenig Leute, die rundum glücklich sind, die keine Schwierigkeiten haben. Aber wer hilft diesen? Es beginnt ja einmal wieder im frühen Alter. Niemand ist aufgeklärt. Niemand wird aufgeklärt. Niemand klärt auf. In der Schule lernen wir, dass Anorexie dann auftritt, wenn der Bodymaßindex unter 17,5 fällt. Das heißt aber, dass so viele, die von dieser Krankheit - und ja, es handelt sich hier im eine Krankheit, nicht um eine Phase, nicht um Kleinigkeiten - betroffen sind, laut meinem Biologielehrer nicht mehr in diese Definition fallen. Und auch, wenn ein Mensch Übergewicht hatte und in kürzester Zeit in den sogenannten Normalgewichtbereich kommt, dass dieser Mensch dann nicht magersüchtig sein kann. Außerdem haben wir über dieses Thema einfach erst in der sechsten Klasse gesprochen, wenn man dazu überhaupt sprechen sagen kann. Die Realität ist aber eine ganz andere. Wenn wir in einer Gesellschaft leben, in der jedes zweite elfjährige Mädchen einfach schon eine Diät gemacht hat, dann ist das Beschäftigen mit Essstörungen erst mit sechzehn einfach zu spät. Wenn ich auf meine nächste Therapiestunde warte, begegnen mir immer mehr kleine Mädchen, die die Statur einer Achtjährigen haben, wahrscheinlich selbst nicht älter als dreizehn sind, wenn überhaupt. Wer wird heutzutage schon über die möglichen Nebenwirkungen, die Lebensgefahr und Mittel, wie man helfen kann, unterrichtet?

Ich bleibe dabei, es sind Krankheiten, die schrecklich, schrecklich viele liebe Menschen betreffen, und unbedingten Behandlungsbedarf gebrauchen.

Letztens habe ich mit einer Freundin telefoniert, die mich gefragt hat, ob es nicht sinnvoll wäre, eine Therapie zu machen. Ihr geht es einfach nicht mehr so gut und sie hat genau gar kein Selbstbewusstsein mehr. Sie ist sich dessen bewusst und möchte daran etwas ändern. Ich schreibe eine andere Freundin an, ob sie denn nicht mal was unternehmen möchte und bekomme als Antwort, dass sie sich in einer Klinik befindet. Ich rede mit jemandem, der hoffentlich nicht in eine Essstörung stürzt, aber ganz den Anschein macht.
Warum ist das so schlimm? Abgesehen von der Problematik der einzelnen Krankheiten, ich meine jetzt das bloße Reden darüber. Wieso kann man nicht einfach zugeben, man habe gewisse Probleme mit einer gewissen Thematik? Wieso muss soetwas mehr oder weniger im Geheimen vor sich gehen?
Das macht mich wütend. Das macht mich traurig. Das macht mich irgendwie hilflos. Was kann ich tun? Als Einzelperson.

Ich versuche mit ganz offenen Augen herumzugehen und mich zu sensibilisieren. Ich rede auch gern einmal Schwestern von Freundinnen direkt darauf an. Aber reicht das? Mir tut es so leid, dass überhaupt jemand davon betroffen sein muss und dann sind es gleich so unglaublich viele...
Was kann ich tun?
Was können wir tun?

Sonntag, 6. Juli 2014

Und ich fange bei Null an.

Eine meiner liebsten Freundinnen hat unlängst gesagt, dass sie sich manches Mal in ungute Situationen begibt, mit voller Absicht. Einzig und allein darum, dass sie all ihre Emotionen und die gemachten Erfahrungen dann in ihre Kunst packen kann und mit ihrem Leid ihre Texte verbessert. Bestimmte Erlebnisse rufen Gefühle auf und diese drängen dann oftmals förmlich darum, umgesetzt und in etwas anderes umgewandelt zu werden. Wie das bei der Zellatmung geschieht, die nicht verwendete Energie wird als Wärme abgegeben und in die Umwelt freigelassen. Innere Energie wandelt sich in Äußere um. Das kann auch mit der Innenwelt geschehen.
Einige der besten Werke wurden geschaffen, als sich der*die Kunstschaffende in großem Schmerz befand, oder in großer Freude, oder in großer Trauer. In besonderen Emotionen. In außergewöhnlichen Zuständen. Warum hätten die Künstler und Künstlerinnen des Expressionismus sich sonst absichtlich in den Wahnsinn getrieben? Rauschmittel. Kontroverse. Provokation. Abschottung. Alles wurde erlebt und nichts ausgelassen. Nächte werden durchgetanzt und der darauffolgende Tag wird zum Horror. Diskussionen werden herausgefordert genauso wie manch andere Mitmenschen. Und alles wird umgesetzt. Auf Papier gebracht oder in Töne verwandelt oder in Bewegungen. So Vieles ist da, das wert ist, ausgedrückt zu werden. Aber oft gestaltet sich der Weg, den man gehen muss, um zu diesem zu kommen, als steinig und kurvenreich. Deswegen extrem, deswegen wild.
Momentan geht es drunter und drüber bei mir. Heute ist das letzte Mal, dass ich meine Augen schließe und einschlafe und gleichzeitig im kleinen Dorf wohne und nicht in der Hauptstadt. Vieles ist neu. Alles ist anders und langsam habe ich das Gefühl, dass die Veränderungen minütlich eintreffen. Nichts kommt, wie geplant und plötzlich befindest du dich in Charles Dickens Geburtsort und musst dich in einem fremden Land zurechtfinden, ohne Karte, ohne Ortskundige. Beim nächsten Wimpernschlag beginnt es zu regnen und eine neue Zeitrechnung hat begonnen. Einen Moment bin ich unglaublich glücklich, dann überkommt es mich mit traurigen Emotionen und ich halte es fast nicht aus, das wird von Überdrehtheit abgelöst und der Kreis schließt sich damit. Ich habe so viel in mir und so viel möchte raus. Ich möchte es raus lassen. Ich habe vor, es umzusetzen. Ich möchte so viel schreiben und malen und zeichnen und all meine Gefühle in Ellin Vanin stecken. Ich fühle mich überfordert und gleichzeitig ganz frei und erwachsen. Komme mir vor wie mein dreizehnjähriges Ich, mit dem gerade erst der allererste Freund per SMS Schluss gemacht hat. Bin voller Inspirationen und doch irgendwie stockt es. Es ist alles neu und ich kann endlich von vorne beginnen. Mir fehlt mein Dackel immer mehr und ich weiß, dass mein Heimweh zu Zeiten groß sein wird. Ich weiß aber auch, dass so viele Möglichkeiten auf mich warten und ich alle ergreifen kann. Emotionsshake.
Und das möchte ich ausdrücken. Ich möchte das alles sinnvoll verwerten und irgendwie vielleicht auch etwas schaffen, etwas Kleines nur. Ich möchte meine Energien verwendet, etwas bewirken und mich engagieren und jeden Tag Kunst schaffen - und wenn es bloß die Kunst ist, den Tag zu überstehen. Eigentlich habe ich vor, gar keine Zeit zu haben, um traurig zu sein und doch möchte ich all meinen Kummer konzentrieren und auf meine extra für die Zeichenreifeprüfung gekauften DIN A1-Papiere bringen. Ich möchte mit meinen Emotionen positiv umgehen und sie akzeptieren und sie vor allem nutzen. Ich möchte einen Nutzen aus meinen Gefühlen ziehen. Mein Bestes geben und scheitern und lachen. Ich verwende die Veränderungen und verwandle sie in etwas anderes. Das möchte ich tun. Das werde ich tun. Ab morgen. Morgen beginnt etwas Neues. Ab morgen muss ich mehr oder weniger alleine für mich sorgen und einkaufen und kochen und putzen und Wäsche waschen und Staubsaugen und aufräumen und die Wohnungstür absperren. Ich nutze das als Chance, habe ich mir überlegt. Ich beginne von Neuem und fange bei Null an.

Samstag, 5. Juli 2014

Zeit, fliegen, Kisten voll Bücher, Rolfi, Gedanken und ganz viel Tagebuch schreiben

Jetzt war es wieder über einen längeren Zeitraum relativ ruhig hier. Ein bisschen verstaubt. Hoffentlich bessert sich das und pendelt sich wieder ein, ich möchte doch eigentlich regelmäßig Updates über mein Leben, über meine Gedanken geben und meine Einstellungen, meine Meinung frei herausschreien - oder eher posten.
Der Grund für meine Abwesenheit, wie dem auch sei, war meine kleine Maturareise und natürlich eben auch die vorhergegangene so schön genannte Reifeprüfung, die mir ja bekanntlich den letzten Nerv geraubt hat. Und wenn ich nur eine Sache über die fünf Tage in London sagen darf, dann wäre es soetwas wie wundervoll. Vielleicht auch unglaublich. Oder kunterbunt. Okay, ich brauch doch ein bisschen mehr Platz, um meine Eindrücke auszudrücken. Am liebsten würde ich hier tausende von Fotos hochladen; auf die muss ich allerdings selbst noch warten, weil ich analog geblieben bin und so erst den Film entwickeln lassen muss. Auf alle Fälle waren die paar Tage, die eindeutig viel zu schnell vergangen sind, wirklich wunderschön. Ich bin nur mit meiner großen Schwester weggeflogen - das war unser allererster Urlaub nur zu zweit und es hat einfach so gut gepasst. Wir brauchen einfach keine Rauschmittel, um die überdrehtesten Menschen in dreizehn Kilometer Umkreis zu sein und haben es wirklich geschafft, uns echt gut zu ergänzen. Eigentlich sind wir ja ganz andere Reisetypen. Sie möchte gerne von einem Kaffeehaus zum anderen flanieren und entspannen, während sie hier und da kulturelle Eindrücke sammelt und auf ganzer Linie genießt. Ich hingegen würde am liebsten den ganzen Reiseführer an einem Tag durchmachen, jedes Museum besichtigen, gleichzeitig aber nicht allzu viel Geld ausgeben und alles sehen, was es zu sehen gibt. Wir fanden einen tollen Mittelweg. So sind wir von einem - wirklich, wirklich unglaublich bezaubernden - Park zum nächsten Museum spaziert, haben uns in der Zwischenzeit einen Kaffee gegönnt und die ganze Zeit gelacht und die Sonne, die zu unserem Glück die meiste Zeit auf uns herabgeschienen hat, genossen. Irrsinnig feine Sachen haben wir uns angeschaut und auch das größte Glück bei den paar Museen, die von uns besucht worden sind, hatten wir ebenfalls. Ich kann London als Reiseziel einfach wirklich nur weiterempfehlen und vermisse es jetzt schon schrecklich. Auch ist es irgendwie komisch, allein zu sein. Ich mein, ich bin ja nicht wirklich alleine, habe meine Eltern mehr oder weniger die ganze Zeit um mich, aber trotzdem, die letzten Tage habe ich einfach nur mit meiner kleinen großen Schwester verbracht, da gewöhnt man sich dann doch sehr schnell dran. Nicht so wie mit dem Linksverkehr.
Außerdem ist unser Trip wirklich anders verlaufen, als geplant. Spontaneität und Improvisationsvermögen waren doch immer wieder gefragt und wir beide haben kein einziges Mal gestritten. London ist kunterbunt und laut und ereignisreich und ich habe von einem wildfremden Mann auf der Straße ein Kompliment für meine Schuhe bekommen. Einfach so. Your shoes - magnificent! Wir waren in sündhaft teuren Vintage-Shops und haben uns Sonnenbrillen gekauft und den halben Second Hand Shop bei der Portobello Road, dort, wo gerade minus fünfzig Prozent auf das gesamte Sortiment an Gewand war, leergekauft. Ich war furchtbar demotiviert, weil nichts gut aussieht bei mir und meine Schwester hat echt starke Nerven bewiesen, mich in der Früh beim Umziehprozedere auszuhalten. Falls das eine*r meiner zukünftigen Mitbewohner*innen liest, viel Spaß übrigens! Eigentlich bin ich ja gut drauf am morgen, meine Laune kann aber doch recht schnell umschlagen, wenn mal wieder mein gesamter Kleiderschrank nicht gut aussehen will an mir. Wir haben Mojito getrunken und baked beans gegessen und das englische Fernsehprogramm ausgetestet, Karten geschrieben und sind mit dem Flugzeug geflogen. Einmal hin. Einmal zurück. Und dann war es aus. Die Zeit ist unglaublich schnell vergangen. Einmal Wimpern zuschlagen und unser Aufenthalt war schon wieder aus und wir mussten uns mitten während des Rückfluges unsere Sicherheitsgurte anschnallen, weil wir mit Turbulenzen konfrontiert worden sind. Und dann waren wir in Schwechat und die Eltern und der kleine Neffe/Sohn sind schon in der Eingangshalle bereit gestanden. Es ist schon ein Wahnsinn, wie sich kleine Kinder auf die Mutter freuen können. Die beiden waren auf alle Fälle glücklichst wieder vereint und die große Großstadt nur mehr in Erinnerungen und auf Fotofilm.
Es war schon dunkel, als wir ankamen. Draußen vorm weißen Auto, während die ganze Bagage noch eine Zigarette rauchen musste, zeigt mein lieber Neffe plötzlich nach oben und meint mit hoher Stimme, "Da oben! Da oben läuft der Rolfi!". Und wir vier schauen in den Nachthimmel und stimmen ihm zu. Es ist immer noch sehr komisch. Heute haben meine Eltern und ich kurz darüber geredet, wie anders das Leben eigentlich jetzt ist. Es sind halt die Kleinigkeiten, die auffallen. Man hatte doch eine gewisse Routine inne - das Erste, was gemacht worden ist, sobald man die Eingangstür hinter sich geschlossen hatte, war, zu schauen, wo denn der Hund steckt. Das hab ich eigentlich immer schon gemacht. Dabei muss gesagt werden, dass Rolfi seit 1999 fester Bestandteil unserer kleinen chaotischen Familie war. Und plötzlich geht es ihm immer schlechter. Zuerst nimmt er ab, dann schaut es ganz so aus, als würde er sich wieder ein bisschen erholen - komischerweise kann man das mit meiner Situation damals ziemlich gut parallelisieren, als hätte er seine Essgewohnheiten an meine abgestimmt - aber er schafft es halt dennoch nicht. Wird immer dünner, isst immer weniger, wird immer langsamer, kann irgendwann nicht mehr mit spazieren gehen. Und so bin ich meine Runden alleine gezogen. Das ist schrecklich ungewohnt und wirklich komisch, kaum höre ich es wo rascheln, denke ich abrupt daran, dass Rolfi jetzt gleich um die Ecke gedackelt kommt, mit fliegenden Ohren. Schlussendlich musste es darauf hinauslaufen, dass irgendjemand mit ihm zur Tierärztin fährt. Schwierig war besonders die Aufgabe, dem Neffen zu erklären, was jetzt los sei, wo der liebe Hund, der doch immer schon da war, denn nun ist. Er ist im Himmel. Zum Stern geworden und schaut jetzt runter. Die Idee gefällt dem Kleinen irgendwie, habe ich so das Gefühl und so sieht er immer den Hund, wenn er in den Himmel - oder wie er immer gerne sagt, den Weltraum - schaut.
Es verändert sich momentan so viel. Das ist nur ein kleiner Teil. Mein Zimmer, zum Beispiel, sieht schrecklich unordentlich und unaufgeräumt aus. Überall steht alles herum, meine Bücherregale sind leer und irgendwie habe ich so das Gefühl, dass man merkt, dass ich noch nicht so recht weiß, wie ich alles irgendwo unterbringen kann. Ich habe einfach so viel Zeug. Und so Vieles muss einfach mit. Am Montag ziehe ich nämlich in die Hauptstadt. Endlich. Nach der Londonreise kann ich es noch weniger erwarten. Ich brauch Stadtluft und Neues und Großes und Lautes und Veränderung. Ich brauch Menschen, die meine Meinung teilen und möchte mich nicht mehr mit solchen umgeben, die schrecklich diskriminierende Worte für andere Menschen mit bestimmten Merkmalen oder Eigenschaften einfach so verwenden, weil sies sowieso nicht böse meinen und man das halt so sagt. Ich möchte mich engagieren und aktiv sein und ganz viel tun. Ich will mit meinem Rad an dem Donaukanal entlang fahren und mich über jede Blume freuen, die zwischen dem Asphalt hervorsprießen konnte. Aber trotzdem ist es komisch. So lange habe ich auf das hingearbeitet und jetzt ist es da. Schule abgeschlossen, sogar meinen allerletzten Jahresbericht schon durchgeblättert - schrecklich interessant mal wieder, und nun heißts nur mehr packen und nach und nach Möbel zusammenklauben. Ein Bett habe ich zwar immer noch nicht, aber die kleine Matratze von daheim tuts die ersten Monate auch. Irgendwie betrachte ich diesen Umzug auch ein klein wenig als Neuanfang. Ich kann mich anders entfalten und sehe das als Chance, das Beste zu tun. Und vielleicht ist es auch möglich, meine Gedanken ein bisschen zu sortieren und herauszufinden, was wirklich meine Ziele sind und wie ich sie erreichen kann und vor allem, wie es mir möglich gemacht wird, zu helfen und, eben, wie schon erwähnt, aktiv zu sein.
Ich habe mich so sehr verändert in den letzten Monaten und möchte sehen, wie sich das alles weiter entwickelt, wie ich mich entwickle und wie ich meinen Alltag in der Hauptstadt meistern kann. Ich habe es geschafft, all meine Bücher, CDs, Filme und Fotos in vier Klappkisten zu räumen, da schaff ich doch auch das Tetris des Alleine-Lebens. Ich hab meine Tuschestifte und meinen Stoffelefanten und mein Schlagzeug. Gerade mache ich mir über einige Dinge Gedanken und möchte ein wenig ausmisten. Ich hab mein Tagebuch und ganz viel Unterstützung.