Dienstag, 29. Juli 2014

Der Wald in meinem Kopf

Stille.
Und ich bin allein. Ich drehe mich um und gehe die Straße, die ich doch gerade erst entlang spaziert bin, wieder zurück. Vermeide den Blick in die Schaufenster, die mit ihrer Reflexion ein vielleicht verzerrtes Spiegelbild von mir wiedergeben.

So viel habe ich getan. Habe zwei Lieblingsmenschen getroffen, Kaffee getrunken und bin in meinem Bezirk - mein Bezirk... - herumgelaufen, in Läden, die keine Bezahlung verlangen, gehuscht und habe Seitengässchen entdeckt.
Aber irgendwie lasse ich mich viel zu gerne verunsichern. Keine Geste, kein Blick, kein Wort ist von einem Gegenüber gefallen, bloß konnten meine Augen nicht stillhalten und der Anblick meiner Seite hat mich dann irgendwo umgeworfen.

Ich höre Musik und stolpere über The Postal Service. Ein Plan formt sich in meinem Kopf. Ganz viel Melancholie.
Als ich die Tür aufsperre, ist niemand zu Hause und ich benutze die beliebteste Internet-Plattform um mir ganze Alben von der oben genannten Band anzuhören. Wieder und wieder drücke ich den Replay-Button. Ich hole Tusche. Ich brauche jetzt einfach schwarze Farbe und Pinsel, ganz viele Pinsel. Was ich auf dem großen, bis jetzt noch weißen, Blatt festhalten möchte, weiß ich noch nicht.

Meine Emotionen übernehmen die Strichführung.




Eigentlich ist es grundlos. Trotzdem bin ich gefühlsgeladen bis zum Bersten. Ich weiß auch gar nicht wieso. Oder was der Auslöser war.
Ich möchte mich ausdrücken. Das ist mir ja ein Anliegen. Und irgendwie, so denke ich gerne, funktioniert es auch gut, schreibt man auf, zeichnet man, wie man fühlt. Es funktioniert insofern, dass es behilflich ist, mit den Gefühlen umzugehen. Es ist ein Verarbeitunsgprozess. Für mich zumindest. Ich konzentriere mich dann eigentlich sehr eingehend auf mein Innenleben. Ich denke darüber nach, oder auch nicht und lasse mich einfach leiten, ganz un- und unterbewusst. Was auch immer das Endprodukt dann sein wird. Irgendwie hilft es. Irgendwie befreit es.
Das Bild ist jetzt nicht sonderlich gelungen oder qualitativ oder was für Attribute man sonst noch zu einer Zeichnung sagen könnte. Es zeigt halt einfach mein Kopfgewirr. Ich bin auch schon eingerostet in der Graphik, schon viel zu lange habe ich keine Feder mehr in die Hand genommen und viel zu viel Zeit habe ich verstreichen lassen, zwischen der letzten Konfrontation mit diesem Medium beziehungsweise mit dieser Vorgehensweise, schließlich habe ich doch zu meiner Matura auch gezeichnet. Sogar expressiv. Aber das ist etwas anderes. Auf Knopfdruck Kunst zu produzieren mag mir noch nicht so ganz gelingen, wenn sie denn auch noch dazu viel Innenwelt widerspiegeln soll. Wiedergeben. Widerspiegeln.
Es ist wie Therapie. Danach gehts mir besser. Oder so. Danach bin ich zumindest auf irgendeine Art und Weise leer. Es sind ja all meine Gefühle in das Bild geflossen, nicht?

Viel zu oft vergräbt man sich. Viel zu oft habe ich mich vergraben und habe den Gefühlsregen nicht zugelassen oder nicht ausgedrückt. Nicht akzeptiert. Aber das gehört dazu. Das gehört doch zum Erwachsenwerden. Das gehört doch zum Leben. Immer auf der Höhe sein, wie würde das ausschauen?
Damit muss ich arbeiten. Mit meiner wahnsinnigen Emotionalität, mit der so viele Menschen nicht umzugehen wissen. Ich möchte das aber lernen und sie einsetzen.

Die letzte Nummer auf dem Album verklingt gerade. Ich belasse es dabei und bin in den Strichen, die mal schwarz, mal weiß sind, verschwunden. Immer wieder überkommt mich was und ich betrachte mein bis jetzt Gezeichnetes. Das Blatt füllt sich. Ich streiche die Haarsträhne, sie sich in mein Gesicht verirrt hat, hinter mein rechtes Ohr und tauche den dünnen Pinsel in die Tusche. Ich hole aus und das Bild hat sich schon wieder gewandelt.

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