Dienstag, 16. September 2014

Schweben und irgendwie doch dazu gehören

Am Mittwoch hat mich meine Schwester besucht. Ihre lustige Berufsschule, die sich eben in der Hauptstadt, die ja jetzt auch gleichzeitig meine Heimat ist, befindet, hat sich eingebildet, sie nun zweimal in der Woche herzubeten. Dienstags und donnerstags. Also super toll zum koordinieren. Außerdem beginnt der Unterricht nun schon um sieben. In der Früh. Aus dem Waldviertel angereist kaum schaffbar, und deswegen ist sie am Mittwochabend angekommen und hat am nächsten Tag rechtzeitig meine Wohnungstür hinter sich geschlossen. Auf jeden Fall war sie da und wir haben so viel geredet und gequatscht und gelacht und geblödelt und was Schwestern, die es ja eigentlich irgendwie gewohnt sind, sich beinahe jeden Tag zu sehen, sonst noch so machen. Und irgendwann fragt sie mich, mit wem ich denn immer so am meisten etwas unternehme.
Darauf konnte ich nur mit "Ich schwebe." antworten. Und bis jetzt ist das die akkurateste Antwort...
Ich schwebe also.
Ich fliege über Vieles drüber und koste die Mehrheit der Dinge. Ich gleite weg und sehe doch so Manches. Ich bemerke einiges einfach nicht aber verschaffe mir zumindest einen Überblick.
Ich mach ganz viel mit Menschen. Mein Tag ist praktisch ausgefüllt mit Kaffeetrinken und in Gesichter schauen. Wundervoll ist das. So gut wie nie bin ich alleine und ganz Vielen leihe ich beide Ohren.
Und irgendwie ist alles nicht ganz so komplett, wenn ich das so ausdrücken kann. Ich schwebe zwischen Freundeskreisen und Menschen und weiß nicht so recht, ob sich landen denn überhaupt lohnt. Ich beginne zu bemerken, dass ich Freundschaften bis ins Unendliche hoch stilisiere. Das geschieht mir ab und zu und ich hab mir leider noch keinen Weg gefunden, keinen Trick einfallen lassen, dieses Denken abzuschalten. Ich habe immer noch diese Illusion von der besten Freundin oder auch dem besten Freund, mit der du dich einfach so triffst, der du auch mal eine Woche nicht auf die Nase schaust, und trotzdem ein Klingeln reicht, um die Worte wieder sprudeln zu lassen. Irgendwie ist das eine ganz besondere Intimität, die ich mir da so vorstelle. Die ich mir wünschen würde. Einfach alles gemeinsam machen und erleben. Ein bisschen wie in einer Beziehung nur viel langlebiger und eigentlich auch viel schöner. 
Und dann sagt plötzlich ein Mädchen, das letztens bei uns in der WG am Boden gesessen hat, dass beste Freundschaften nicht existieren. Da musste ich lachen. Eigentlich eine gute Einstellung. Würde auch gerne solche Gedanken haben. 
Und dennoch habe ich das Gefühl, nicht so ganz dazu zu gehören. Und irgendwie schon und ich werde schon wieder kompliziert. Schrecklich mit mir. 
Ich verbringe ein paar Tage nacheinander mit einer Person. Sehe sie also täglich für mehrere Stunden. Und dann verbringe ich einen, vielleicht auch mehrere Tage alleine. Und irgendwann melde ich mich beim nächsten Menschen. Hast du Lust, dir die Ausstellung anzusehen? Wann hast du Mittagspause? Machen wir was! 
Irgendwo bin ich auch froh darüber. So habe ich ganz viel Diversität in meinem Leben und habe eigentlich keine bis wenig Themen, über die ich mit niemandem reden kann. Aber irgendwie auch nicht. Irgendwie habe ich manchmal das Gefühl, dass ich dann immer Teile von mir ein bisschen abschalte und allein diese Formulierung ist furchtbar von mir. Man kanns mir wohl echt nie recht machen. 
Morgen rede ich über Fotografie und über irgendwelche Goa-Festln in Ungarn. Ich freue mich. Vielleicht schaffe ich es doch, zu akzeptieren, dass das mit der besten Freundin, mit dem besten Freund noch auf sich warten lässt. Vielleicht kommts ja noch. Vielleicht auch nicht. Aber es sollte egal sein. Eigentlich. Und eigentlich sollte ich auch mehr schlafen. Allerdings muss ich doch Theaterspielen! Und wenn das bedeutet, mehrere Male in der Woche für den gesamten September noch ins Waldviertel zu düsen, dann ist mir das auch recht. Warum mir das jetzt als Vergleich eingefallen ist, weiß ich auch nicht. Mein Kauderwelsch zu verstehen vermag wahrscheinlich auch ordentlich viel Anstrengung. Tut mir leid dafür. 
Aber ich bin mir momentan noch nicht ganz sicher, ob ich gerne schwebe. Oder lieber stehen bleiben würde. Oder ganz zum Fliegen beginnen. Und die Grenzen gehen fließend ineinander über. Vielleicht bemerke ich irgendwann gar nicht, dass ich den Stillstand und den festen Boden unter den Füßen schon längst erreicht habe und wache irgendwann auf, bloß, um festzustellen, dass ich aufgehört habe, herum zu schweben, zu flattern. Aber eventuell hebe ich auch irgendwann ab. Betrachte alles von oben. 

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