Sonntag, 28. September 2014

Wetter

Das ist doch immer das klassische Beispiel für eine Konversation, die so flach ist, dass selbst ein Mensch, der so groß ist wie ich, nicht einmal nasse Knie bekommt. Das Wetter. Schön ist es heut. Gestern wars ein bissal windiger. Aber die Wolken dahinten schaun mir auch nach Veränderung aus. Heute schon den Wetterbericht gehört? Soll ja eine schirche Woche werden.

Na gut.
Das Wetter ist einfach ein unglaublich neutrales Thema, über das so ziemlich jede Person, die irgendwie motiviert ist zum Reden eben das kann - reden. Egal welche politische Einstellung oder welche Philosophie im Hinterkopf herumlungert, darüber dass das Wetter, wenn die Sonne scheint, als schön gilt, sind sich wohl die meisten einig. Und wenn die Leute, dies lieber kalt und schneeig mögen das auch sagen, wird vielleicht ein bisschen hin- und hergeredet, wieso das als besser empfunden wird, aber ein Streit kann da nicht so wirklich entstehen. Da muss man sich schon besonders bemühen.

Und wahrscheinlich deswegen verpönen viele dieses Thema, tun es als Small Talk ab und wollen auf die Aussage, dass es ENDLICH wieder schön ist draußen, allerhöchstens mit einem genervten Grunzen abtun. Da fehlt einfach die Kontroverse.
Ja. Eh. Schon klar.

Aber mir ist das Wetter irgendwo sehr wichtig.
Was sich jetzt banal anhört, ist ein großer Bestandteil meines Tages. Nicht nur, dass die äußerlichen Verhältnisse bestimmen, welchen Aktivitäten ich an diesem Tag nachgehen darf - regnet es, werde ich wohl kaum eine Radtour auf die Donauinsel planen - sie regeln auch zu großen Teilen mein Innenleben. Ich merke das immer an Tagen, die nach unzähligen grauen halbdrunklen Stunden wieder sonnendurchflutet sind. Wenn ich zur U-Bahn gehe und meine Sonnenbrille endlich wieder aus der Tasche kramen kann (achja! Die ist auch meistens dabei), geht mir ein bisschen das Herz auf. Währenddessen, wenn ich verfluche, schon wieder den Regenschirm zu Hause liegen gelassen zu haben (der ist nämlich so gut wie nie dabei, blöd eigentlich.), würde ich am Liebsten gleich wieder umdrehen und alle Menschen, die mir begegnen böse anschauen. An solchen Tagen hat es sich nicht gut drauf zu sein. Aber an Tagen wie heute, an denen ich am Bahnhof Heiligenstadt draußen auf dieser lustigen Mauer sitzen kann, meine Haare trocknen lassen und in mein Handy tippen, da schaut die Welt schon ganz anders aus. Da kann ich mich und mein Unweld auch viel besser leiden.
Ist es nicht sogar Chemie, dass es einer gut geht, wenn sie in der Sonne sitzt? Vitamin D und Melanin oder so. Über Chemie werd ich ja in nächster Zeit sowieso ganz viel Neues lernen, vielleicht kommt mir dann dieser Aspekt unter und ich kann meine Theorie wissenschaftlich begründen.

Im Englischunterricht damals (damals!) in der Schule haben wir einmal von seasonal affective disorders gelernt. Ich glaube, davon bin ich auch ganz ganz stark betroffen. Aber eigentlich denke ich, dass es nicht nur mich umfängt, diese Fähigkeit vom Wetter, die Einstellung, die Stimmung so immens zu beeinflussen. Eigentlich kommt es mir sogar vor, als würden heute alle besser drauf sein. Außer meine armen Mitbewohnerinnen, die heute krank aufgewacht sind vielleicht. Aber die beiden sind auch nicht draußen. Die Menschen, die mir auf der Straße begegnet sind bis jetzt, in der U4, am Bahnhof haben allesamt besser aus- und dreingeschaut.
Aber nicht nur die Leute. Auch die Pflanzen, die Sonnenblumen die da in diesen kleinen Erdflecken, in denen ja immer mal wieder ein Bäumchen heranwächst, angesetzt worden sind, haben ihren Blumenkopf auch geöffnet und strahlen der Sonne fast genauso stark und wunderbar entgegen. Sonnenblumen sind ja doch was feines. Sie machen einfach das, was sie machen. Ist keine Sonne da, sind sie es auch nicht. Kommt sie aber raus, ja dann kann man mit großer Sicherheit mit ihnen rechnen.

So. Ich muss jetzt aufhören, über das Wetter zu philosophieren, das ganz und gar nicht oberflächlich ist. Es bewegt ja schließlich zumindest auch meine innere Welt. Jetzt muss ich nämlich noch in die Sonne schaun. Die Augen schließen und die nächsten Tage auf mich zukommen lassen. Hui, das kann was werden!

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