Dienstag, 21. Oktober 2014

schlechte Tage und schlechte Zeiten

Manchmal ist es besonders schwierig. Da kann von draußen die Sonne noch so freundlich herein scheinen. Da kann die Morning Show auf FM4 noch so viele Lieblingslieder spielen. Da ist einfach jeder Schritt schwer. Kostet Überwindung. Braucht extra viel Kraft. Und dann haben eben solche Tage noch meist die Angewohnheit, mit ganz viel Missgeschicken und Unglücken einher zu gehen. Die Hose reist. Der Kühlschrank ist leer. Der Rucksack besonders schwer. Das Fahrradlicht geht ein. Die Haare haben entschieden, genau heute besonders komisch wegzustehen und überhaupt keine Form zu haben. Alles fällt zu Boden und da ist es egal, dass ich gelernt habe, dass G=m*g ist und somit zu beschreiben weiß, warum das passiert und genau dieser Vorgang eigentlich so unglaublich ist und dann noch dazu so eine einfache Form annimmt. Da kann man sich nicht in den Spiegel sehen. Jedes Wort, das an mich gerichtet ist, hört sich gemein an und am liebsten, ja, am liebsten würd' ich doch einfach nur gerne im Bett bleiben. Und dann laufe ich an einem Schaufenster vorbei und erschrecke. Würde so gerne wieder einmal das essen verweigern. So kann das doch nicht weiter gehen!

Genau.
Manchmal gibt es solche Stunden.

Die können sich auch gut und gerne auf Tage ausdehnen. Ab und an vielleicht auch noch länger. Da fällt das Lächeln einfach so schwer.

Der Sonntag-Nachmittag hat da vielleicht dazu gehört. Wahrscheinlich.

Und dann kann ich nicht mehr unterscheiden, ob ich einen schlechten Tag habe, oder wieder versinke.
In Selbsthass. In Melancholie. In Selbstmitleid.

Wenn ich dann von besonders tollen Menschen höre, dass sie gerade wieder eine schwierige Zeit durch machen oder auch schon hinter sich haben, und es ihnen langsam wieder besser zu gehen scheint. Die Wolken Anstalten mich, um sich aus dem Weg und endlich wieder Platz für Sonnenschein zu machen. Dann ist es so schwer, eine passende Antwort, einen treffenden Kommentar, aufmunternde Worte zu finden. Weil ich dann schon wieder an mich und meinen Seelenzustand denke. Oder besser gesagt, universell an instabile Launen. Weil mir irgendwo klar ist, dass das schlecht drauf sein, dazu gehört, sich ein bisschen eingegraben hat in die Psyche. Von manchen zumindest.

 Und dann - so komisch das jetzt auch klingen mag - geh ich auf die Internet-Plattform tumblr. und finde so einen passenden Post. Ein einleuchtendes Bild mit dicker Schrift drauf. Eigentlich ganz schrecklich und ganz schrecklich klischeehaft. Aber, warum auch immer, es regt zum Nachdenken, zum Überdenken an. Ähnlich wie das Tagebuchschreiben für mich. Vielleicht ein bisschen direkter, weil so muss ich selbst ja auf nichts drauf kommen, so bekomme ich die Antwort sozusagen schon in den Mund gelegt.
Weil, so sehr ich auch weiß, dass es keinen Sinn hat, die schlechten Gedanken sich ausbreiten zu lassen. So sehr mir auch bewusst ist, dass das Verhalten auch kontraproduktiv und destruktiv ist. So sehr mir klar ist, dass das so nicht in Ordnung ist. Manchmal gehts nicht anders.

Und langsam weiß ich das auch.

Ich weiß, dass schlechte Tage vorüber gehen.

Auch, wenn man gerade Angst hat, davor, dass am nächsten Tag wieder so viele Stunden zu überwinden sind, bis man wieder schlafen gehen kann.

Hört auch irgendwann auf. Irgendwie.

Was mir auch immer klarer wird, ist, dass ich mir dieses Bewusstsein noch viel mehr festigen muss. Ich muss mir wirklich sicher sein. Ich muss ganz betont merken, dass es mir gut geht, wenn es mir gut geht. Dass eigentlich alles passt und noch darüber hinaus. Und dann, wenn meine Stimmung wieder abrutscht, dann muss ich versuchen, sie festzuhalten. Ganz bewusst. Ganz bestimmt. Und wenn es auch irgendwie leichter ist, wenn man schlecht drauf sein kann. Gute Laune erfordert so viel Mühe. So viel Disziplin und so viel Anstrengung. Man hat keine Entschuldigung mehr, kann sich nicht mehr auf etwas rausreden. Weder vor anderen noch vor sich selbst. Egal. Egal!
Manchmal habe ich das Gefühl, dass ich schon zum Verdrängen anfange. Vielleicht bin ich auch einfach nur vergesslich geworden. Kann ja auch sein, bin ja schließlich schon alt. Oder so. Und dann sind solche schlechten Zeiten wieder ein guter Weckruf.
He! So soll das bitte nicht sein. Das kenn ich doch, das will ich nicht. Dafür habe ich jetzt keinen Platz mehr.
Dann kann ich die guten Stunden vielleicht auch viel mehr schätzen. Weiß, wie schön es ist, wenn ich auf den Stufen der Uni in der Augasse sitze, das Herbstlicht auf mein Gesicht und auf meine Hände fällt, dort hinten, unten, sich noch eine letzte Tomate beschließe, doch noch rot zu werden und neben mir meine ganzen unglaublich lieben, tollen Studikolleginnen und -kollegen über chemisches Gleichgewicht und die sexuelle Orientierung von irgendwem philosophieren. Dann passt das auch. Dann kann ich spüren, wie fein es nicht sein kann. Und wenn ich dann am Wochenende wieder deprimiert herumlungere, mir besonders arm vorkomme, ist das eben nicht so schlimm. Das ist nur temporär. Bald geht es eh wieder bergauf. Spätestens dienstags immer - da darf ich nämlich auf den Berg auf die Türkenschanze radln. Ach, ich und meine Wortwitze und bildlichen Vergleiche immer - ein Wahnsinn! Das kann ich dann gut genießen. Und die blöden Stunden werden weniger. Ganz von allein. Naja, mit ein bisschen Anschubsen zumindest.

Aber das ist ganz wichtig.

Man muss sich bewusst sein, dass schlechte Tage vergehen. Und wenn diese Tage zu Monaten ausufern. Das geht nämlich. Wirklich. Ich weiß das, ich bin mir so sicher. Das muss so sein.

Und dann gibt es wieder Tage, da ist es nichts von beiden. Nicht wundervoll, nicht furchtbar. Das Leben ist nämlich irgendwie doch facettenreich. Da gibt es so viel mehr Nuancen als bloß schwarz und weiß. Rot nämlich. Und blau. Und grün. Und violett. Und lila. Und türkis. Und grau. Und rosa. Und noch so viel mehr. Ich bin ja leider ganz schlecht in Farben benennen. Aber immerhin weiß ich, dass es zwischen rot und rot Unterschiede gibt. Aber ob das jetzt magenta, oder doch zinoberrot ist, ja, da bin ich dann doch überfragt. Ich kann nicht alles in Worte fassen. Spüren geht. Und das wird immer leichter. Immer akkurater. Präziser. Man muss halt üben. Und ganz genau hinschauen. Horchen, fühlen, schmecken, tasten. Und was die Sinne sonst noch so hergeben wollen. Manchmal bin ich blau. Manchmal hab ich einen lila Tag. Und dann schlägt der Zeiger am Farbkreis plötzlich auf die Komplementärfarbe. Ohne Vorwarnung. Vielleicht ist etwas vorgefallen. Vielleicht auch nicht. Das muss auch nicht unbedingt eine Verschlechterung, oder auch keine Verbesserung sein. Es ist halt anders.

Und dasselbe gilt auch im Kleinen.

Kein schlechter Tag ist wie der andere.
Da sind es dann vielleicht gedeckte Farben. Oder Grauschattierungen.

Und dann auf einmal gelb. Sonne.

 Manchmal weiß ich nicht, ob ich wieder ins Negative kippe. Meistens weiß ich aber, dass das nicht passieren wird.

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