Ich stehe im Bus. Im 40A. Richtung Schottentor. Heimweg. Dort steig ich aus und steig aufs Rad. Dann aber wirklich heim. Durch den Nieselregen und die Kutschen, an den fetten SUVs vorbei, denen man überall im ersten Wiener Gemeindebezirk begegnet. Über Pflastersteine und dann in den Keller. Ich fahr nicht mehr so regelmäßig, dass ich das Rad draußen stehen lassen würde. Da würde es wohl bei dieser Witterung bald zu Staub zerfallen.
Und jetzt stehe ich da, mein Rucksack drückt auf den Oberschenkel von dem Mädchen rechts hinter mir. Nächste Station. Zwei steigen aus. Gefühlte zwanzig dazu. Ob ich überhaupt noch zum Sitzen komme?
Und ich überlege.
Ich überlege eigentlich die ganze Zeit.
Über dies und das. Aber heute schreib ich über meinen inneren Druck, meinen Stress. Ich hab Prüfungen zu machen und Gleichungen zu lernen. Redox-Reaktionen üben. Technisch Zeichnen Programme abgeben. Dort sein. Verschlafen. Ich bin mir gerade nicht so ganz sicher, ob ich mich stressen soll, oder nicht. Einerseits will ich alles hinter mich bringen, will brillieren und alles meistern. Ich will nichts aufschieben und alles aufsaugen. Andererseits möchte ich mit meiner Mitbewohnerin gemeinsam frühstücken. Ins Museum gehen. Schlafen. Ich will schließlich leben. Nicht nur lernen. Obwohl ich das Lernen gerne tu. Aber trotzdem bietet alles, Wien, so viel mehr. Ich möchte Dinge erleben, tanzen gehen, Geld für Unnötiges ausgeben, politische Ziele verfolgen, eine schöne Wohnung haben. Ich will lesen und Dokus über Judith Butler ansehen. Leute treffen. Ins Kaffeemik in der Zollergasse gehen. Sushi mit der Schwester essen. Meine Fähigkeiten verbessern.
Und dann frag ich mich, wo ich meine Prioritäten setzen möchte.
Es ist alles wichtig.
Es ist alles wichtig.
Heute in Mathe hat mich A. gefragt, ob ich denn schnell studieren möchte. Ich habe natürlich gesagt, dass ich mich eben nicht stressen möchte. Mein Leben genießen. Leben eben. Aber eigentlich hab ich gewusst, dass das nicht ganz der Wahrheit entspricht. Sicher hab ich den Ehrgeiz, viel zu tun und schnell zu sein und besser und überhaupt. Und immer wieder sag ich mir, dass Noten egal sind. Und wenn ich heute, gegenüber von C. Sulfide fälle, denke ich auch manchmal, die Zeit könnte anders genauso schön gefüllt werden.
Und wenn ich jetzt heim komme, steht der nächste Termin an. Aber als erstes koche ich mir Tee. Und gehe duschen. Das ist mein Geheimrezept für so ziemlich alles. Ein guter Tee. Und eine heiße Dusche. Gut, dass ich im ersten Packerl vom Adventskalender meiner Mutter gleich 24 verschiedene Sorten von Kräutern, Früchten und anderes Buntes entdeckt habe.
Und dann Bandprobe. Danach noch Physik? Und was ist mit Schlaf? Es ist alles so viel. So viel zu machen. So viel zu entscheiden. Und eigentlich wollte ich in den Ferien meiner Freundin in Mathe helfen. Aber ich muss doch selber lernen! Wie soll ich das machen? Krieg ich alles unter einen Hut? Und einkaufen... Ich brauch Sojajoghurt! Heute ist doch -10% im Veganz. Hat der überhaupt noch offen? Dann verschieb ich das duschen auf später. Und Physik lernen. Ja, das kommt auch noch.
Und dann Bandprobe. Danach noch Physik? Und was ist mit Schlaf? Es ist alles so viel. So viel zu machen. So viel zu entscheiden. Und eigentlich wollte ich in den Ferien meiner Freundin in Mathe helfen. Aber ich muss doch selber lernen! Wie soll ich das machen? Krieg ich alles unter einen Hut? Und einkaufen... Ich brauch Sojajoghurt! Heute ist doch -10% im Veganz. Hat der überhaupt noch offen? Dann verschieb ich das duschen auf später. Und Physik lernen. Ja, das kommt auch noch.
Ich bin hin- und hergerissen.
Irgendwie möchte ich mich nicht unter Druck setzen. Aber andererseits ist alles so viel. Und Bauchübungen wollte ich heute doch auch noch machen! Es geht gerade wieder viel herum im Kopf. Viel Blödsinn, mit dem ich zu niemandem wirklich gehen kann. Ich muss doch selbst entscheiden, wie es weiter geht. Ich muss mir überlegen, was ich tue. Das kann mir wohl niemand abnehmen. Jetzt ist es so weit. Ich bin anscheinend wirklich alt genug. Muss auf mich selbst achten. Und was ist mit meinem Abendessen? Soll ich das auslassen?
Ich lebe und studiere. Und versuche alles unter eine Hut zu bringen. Unter eine Mütze. Die grüne, mit dem coolen Muster, die ich mir auf dem Buskers Festival gekauft habe, von einem kleinen Label. Ich kann mich jetzt auch entscheiden, ob ich ins Schikaneder gehe, dort ist irgendwas mit der Serie friends. Das speziell muss ich mir nicht anschauen, aber es sind Menschen dort, die ich gerne sehen würde. Oder ich schlage mein Physik-Buch auf. Da hab ich bald eine Prüfung. Und ich weiß auch gar nicht, wann ich welche Prüfung schreiben soll. Das dumme Internet-Portal meiner Universität ist auch genau heute offline. Wie soll ich meine weiteres Wochen planen? Wie soll ich mit der Zeit umgehen? Oh, wie sehr ich meinen Handykalender hasse. Und was ist mit meinen Kameras an der Wand? Die kommen zumindest mit in den Winterferien, mit ins Waldviertel. Dort fahr ich nämlich hin. Für zumindest eineinhalb Wochen. Entspannen. Schlagzeug auf einem richtigen Schlagzeug spielen. Spazieren gehen, wenn es das Wetter denn zulässt. Lernen. Zeit mit dem Neffen verbringen. Leben planen.
Irgendwie ist es doch immer so. Immer bin ich im Zwiespalt. Will ich dünn oder gesund sein. Will ich leben oder schnell studieren. Will ich das oder das andere. Will ich herumreisen oder Geld haben. Entscheidungen fielen mir irgendwie noch nie so wirklich leicht. Und eigentlich hätte ich den heutigen Advents-Tee trinken sollen. Nicht den von gestern. Ich sehe nämlich gerade, dass es ein Guter Laune-Früchtetee wäre. Okay, Früchtetee ist nicht mein Liebling. Aber Gute Laune kann man immer gebrauchen. Genauso wie gute Musik. Und Gesellschaft. Und ich häng mich jetzt hinter das Mobiltelefon. Leuten schreiben. Lage abchecken. Leben. Studieren kann ich morgen auch noch, und überhaupt, wie produktiv wäre ich heute noch gewesen?
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