(Eigentlich sollte ich jetzt gerade, in diesem Moment, hinter meinen Büchern versunken sein, Mathebeispiele rechnen, mir englische Hörbücher anhören und nebenbei auch noch drei Zeitungen auf einmal lesen - kurz gesagt, mich für meine am Montag beginnende (!!!!) Matura vorbereiten, aber das funktioniert gerade nicht. Ich kann mich einfach nicht auf Vektoren konzentrieren und habe mich schon damit abgefunden, durchfallen zu werden.)
Wenn ich so zurück denke, dann kann ich mich noch sehr gut daran erinnern, wie es war, als ich immer weniger wurde. Ich weiß noch genau, was ich mir gedacht habe. Ich habe mich nämlich so gefreut, dass ich jetzt, wo ich es geschafft habe, dünner zu werden, endlich wieder so viel essen kann, wie ich wollte. Das war zumindest am Anfang der Fall. Dann sind weitere Überlegungen in mir hochgekommen. Wenn ich jetzt noch mehr abnehme, dann kann ich ja später noch besser essen. Ich habe also meine Essens-Lebensqualität auf später verschoben, habe angefangen, in der Zukunft zu leben.
Dieses Denken hat aber bald aufgehört. Als ich diese endlose Abwärtsspirale immer weiter hinuntergeschlittert bin, wollte ich einfach nichts mehr essen, ich hatte auch keine Lust mehr dazu. Ja, ich habe mich schon so darauf gefreut, bald alleine wohnen zu können, damit ich dann, komplett auf mich selbst gestellt, einfach nichts mehr zu mir nehmen muss. Aber davor, ja, davor hab ich mich noch darüber gefreut, dass ich jetzt ENDLICH wieder naschen kann...
Weil ich ja schon das Schlagwort naschen geschrieben habe, fällt mir noch ein, dass das bei eben dieser Tätigkeit genau dasselbe war.
Als ich noch das einfache Bestreben hatte, ein paar Kilos zu verlieren, hab ich mit mir selbst ausgemacht, nur einmal pro Tag etwas Süßes zu essen. Anfänglich hat das leider überhaupt nicht richtig funktioniert. Doch später hat sich selbst das verselbstständigt.
Ich habe genau wie mit dem "vielen"-Essen angefangen, zu denken, dass, wenn ich heute auch auf die Kekse oder Schokolade oder wasweißichwas verzichte, dann hab ich später mehr davon. Im Endeffekt hab ich dann nur noch verzichtet und nie das Ausgelassene nachgeholt. Es hat dann eben eine Art anderes Denken übernommen.
Irgendwie ist diese Weise zu denken und beinahe taktisch zu essen, doch echt schlimm. Gerade wird mir wieder bewusst, wie ferngesteuert ich teilweise agiert habe. Ich war einfach nicht mehr selbstbestimmt, wie komisch sich das auch anhört. Aber irgendetwas hat sich in meinen Kopf genistet und das Tun für mich übernommen. Und das ist wirklich traurig, weil ganz bekomme ich dieses etwas einfach nicht weg. Ich weiß schon gar nicht mehr, wie es früher war.
Auf alle Fälle hat das dann schlussendlich dazu geführt, dass ich überhaupt keine Lust mehr auf Süßigkeiten oder Essen im Ganzen hatte. Das war eine unangenehme Randerscheinung meines Alltags, der daraus bestanden hat, mich so gut wie möglich vom Essen abzulenken. Als ich dann irgendwann wieder angefangen habe, gesund werden zu wollen, habe ich mir sooft gewünscht, einfach nicht essen zu müssen, ich wollte das einfach nicht. Das hat sich dann allerdings - zum Glück - weiterentwickelt, und dann habe ich mir beinahe jemanden herbei gesehnt, der_die diese Fremdbestimmung weiter - aber im Gegenteil - führen würde, jemand, der_die mir sagen würde, wie viel ich wann essen solle, damit ich mir selbst keine Gedanken darüber machen müsste. Aber das hat es natürlich nicht gespielt. Ich wollte ja andererseits auch nie abhängig von irgendjemanden sein und konnte es mir auch nicht so recht vorstellen, dass beispielsweise mein Vater diese große Last tragen müsste, mir eben immer zur richtigen Zeit das Essen hinzustellen. Aber trotzdem, der Wunsch war da. Und ist es leider teilweise immer noch.
Außerdem habe ich mir irgendwie das Verlangen nach Süßem abtrainiert, so komisch das auch klingen mag. Aber ich brauche zum Beispiel keine Schokolade, gut, Honig ist da was anderes, den könnte ich töpfeweise verputzen.
Das vergisst man irgendwie leicht. Wenn man an Essstörungen denkt, kommt einer_m nie in den Sinn, dass etwas nicht aus freiem Willen geschieht. Anfangs mag wohl noch alles gewollt sein, aber es verselbstständigt sich so schnell, dass es schon beinahe scheint, dass man gar nichts mehr dagegen machen kann.
Zum Glück habe ich mich schon so ziemlich im Griff. :-)
Oh, und das hätte ich ja beinahe vergessen: Ich möchte noch auf einen wirklich tollen und witzigen Artikel aufmerksam machen: Es wird Zeit, der Oberschenkellücke den Krieg zu erklären. Ein schönes Plädoyer gegen das thighgap. :)
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