Und schon wieder bin ich verleitet noch einen Post mit "Ich gehe die Straße entlang..." zu beginnen. Woher dieser Satz seine Attraktivität nimmt, ist mir eigentlich schon ein Rätsel, aber die Sache mit den Einleitungen habe ich bei den Erörterungen im Deutschunterricht schon immer vor mich hingeschoben und meistens erst ganz am Schluss geschrieben, nachdem ich zwischen meinen argumentativen Absätzen immer wieder gestockt habe und mir blitzartig eingefallen ist, dass der direkte Einstieg in einen Text von solchem Format bei meiner lieben Deutschlehrerin leider gar nicht gut ankommt. Deswegen bin ich immer froh, wenn ich wenigstens ein/zwei Satzfragmente habe, die es halbwegs schaffen, ein Szenensetting zu erschaffen und auf die Situation hinauslaufen, die ich mit meinen Worten beschreiben möchte.
Aber gerade heute habe ich mir ganz viele wundervolle Poetry Slams angesehen - Button Poetry und Poetry Slam Dornbirn sind wirklich gute Kanäle, um sich von Wörtern, die mehr können, als bloß zu sprechen, inspierieren zu lassen. Und natürlich, ich als alte Slamorganisatorin (haha) spornt das zu größeren literarischen Formulierungen an. Na gut, daran werde ich noch üben. Mein Tagebuch wirds mir danken. Allerdings ist das auch mit ein Grund dafür, dass ich heute nicht wieder mit diesem Anfang diesen Eintrag eröffnen möchte (und versuche, so gekonnt wie möglich, Wortwiederholungen zu umgehen).
Also schweife ich ab. Darin bin ich wohl sehr gut. Und dann werden die Einleitungen plötzlich mindestens genauso lang, wie der Hauptteil selbst...
Gut. Es fällt mir doch irgendwo schwer, das so öffentlich zuzugeben. Aber springen wir mal über den sprichwörtlichen Schatten, nehmen uns ein Beispiel an KleinstadtCarries #ohnealleszummitnehmen.
Ich bin schrecklich angewiesen auf Bestätigung.
Es fällt mir zwar unglaublich schwer, ein Kompliment anzunehmen, aber trotzdem komme ich mir ohnehin schon desöfteren furchtbar vor, und habe dann das Gefühl, von anderen Menschen Meinungen hören zu müssen, die dieses Denken entkräften.
Gut schaust du heute aus. Deine Zeichnung ist wirklich schön geworden. Die Playlist ist super. Und ich strahle.
Irgendwie nehme ich es doch nicht ernst. Aber egal, mit netten Leuten umgebe ich mich so gerne, dass auch, wenn es nicht ganz so stimmt, was sie dann von sich geben, meine Mundwinkel nach oben hüpfen.
Und momentan kommt es mir doch häufig so vor, dass es so selten vorkommt, dass ein liebes Wort fällt. Kompliment! Ich werde wieder unsicher. Komme mir vielleicht nicht gerade fehl am Platz, aber doch auch nicht ganz richtig vor. Wieso muss das sein?
Und dann gehe ich die Straßen entlang. Vorzugsweise nachts. Richtung Fortgeh-Lokal. Und bin ich dann alleine, kann ich es schon hören. Das Gepfeife, das Nachgeschrien werden. Letztens wurde sogar meine Hand genommen. Einfach so. Von irgendeinem wildfremden Mann. Das ist vielleicht der einzige Nachteil an der großen Stadt. Dass doch so viele Menschen aufeinander treffen, was unglaublich toll sein kann, sich dann dennoch die Anzahl der Idioten in absoluten Zahlen erhöht. So viele verschiedene Leute treffen und prallen aufeinander. Verschiedene Schichten. Verschiedene Geschichten. Verschiedene Manieren. Verschiedene Auffassungsweisen. Und ich bin nun mal eindeutig erkennbar weiblich. Da ist das Sich-Selbst-Definieren schon an ein Ende gekommen.
Und so ist die meiste Bestätigung, die ich gerade erfahre, eben diese. Blöd angequatscht.
Darunter leidet mein Selbstvertrauen allerdings auch wieder.
Ich könnte jetzt natürlich wiederum ausholen und darüber schreiben, wie unglaublich unmöglich das nicht ist, sich so zu verhalten, wie sexistisch, objektivierend dieses Verhalten ist. Es ist ja schrecklich, kaum bist du das vermeintlich schwächere Geschlecht, kann man so mit dir umgehen. Meistens ohne Konsequenzen. Sonst wäre der Manager von American Apparel schon viel früher entlassen worden.
Aber ich möchte darauf eingehen, wie es mir dabei geht. Ganz selbstzentriert, wie immer halt.
Wenn eine Freundin von mir sagt, dass ich mich doch freuen soll, wenn mir nachgepfiffen, ich Kussmünder zugeworfen bekomme, verstehe ich die Welt nicht mehr. Wie kann ich mich darüber freuen? Wie kann ich froh sein, als eindeutiges Objekt wahrgenommen zu werden? Als ein Stück Fleisch. Ich habe dann immer das dringende Bedürfnis, meine Haare ganz kurz abzuschneiden, einfach aus der Hoffnung heraus, dass das alles dann aufhört. Ich fühle mich schlecht, weil ich ja auch einen kurzen Rock angezogen habe. Ich fühle mich weder schön noch begehrt noch was weiß ich was. Einfach schlecht. Weil es ja nichts mit mir zu tun hatte, dass ich auf diese Art angemacht worden bin. Es hat einzig und allein damit etwas zu tun, dass unsere Gesellschaft immer noch nicht gleichberechtigt ist, dass man so mit Frauen* umgehen kann. Ja, dass es schon ganz alltäglich geworden ist, wenn man an Baustellen vorbeigeht, dass man dann Blicke auf sich zieht, hat man etwas engeres an. Oder auch nicht. Bist du erkennbar weiblich, wirst du schon zum Objekt gemacht. Das erinnert mich dann immer an Nora oder ein Puppenheim beziehungsweise an Jelineks Fortsetzung Was geschah, als Nora ihren Mann verlassen hatte. Nora möchte vom Objekt zum Subjekt werden. Wer will das nicht?
Ich will Bestätigung. Ich will nicht nach Komplimenten fischen müssen, um sie dann doch nicht zu erhalten.
Aber das will ich nicht.
Aber eigentlich möchte ich gar nicht angewiesen sein, auf die Meinung anderer. Wieso muss ich mich immer dadurch definieren, was andere von mir denken, sagen? Schlussendlich muss bloß ich mit mir leben. Mit mir auskommen. Ich muss mir sagen können, wow, siehst du heute aber gut aus. Nicht schlecht. In den Spiegel schauen und zufrieden sein.
Und wieso ist mir das immer nur in der Theorie bewusst?
Hat das alles schon wieder etwas mit unserer Leistungsgesellschaft zu tun?
Also ich mache gerne Komplimente. Ich versuche auch immer gleich das zu sagen, was mir an anderen gefällt. Von der Jacke bis zur Persönlichkeit. Das wird manchmal schwierig, weil ich mich nicht traue. Vielleicht findet das mein Gegenüber ja auch komisch, wenn ich einfach so von mir gebe, dass ich dieses wirklich bemerkenswert finde.
Und da schließt sich der Kreis meines komischen Verhältnisses mit Bestätigung. Was ich auch immer heute ausdrücken wollte, weiß ich leider selbst nicht. Vielleicht sollte ich anfangen, ein bisschen geplanter an die Sache zu gehen und nicht einfach drauf los zu schreiben. Oder mir das alles nochmal durchlesen, überarbeiten. Tja. Vielleicht das nächste Mal.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen