Donnerstag, 6. März 2014

Und es fängt wieder an.

Es ist so komisch. Ich habe das Gefühl, dass ich schon wieder total rückfällig geworden bin.
Ich habe jetzt zwei Tage lang nichts essen können - Verdauungsprobleme und so, nichts, womit man sich hier gerne vertiefen möchte. Und ich habe schon wieder das Bedürfnis, weiter nichts zu essen. Ich sage mir immer, dass ich eigentlich nichts essen muss oder brauche, schließlich habe ich ja eh schon wieder so viel zugenommen, da würden ein paar Kilo weniger auch nicht schaden.

Heute ist es so halbwegs gegangen. Ich wollte anfänglich eigentlich kein Frühstück zu mir nehmen, habe mich dann aber mehr oder weniger dazu gezwungen, wobei ich nur zwei Bissen runtergekriegt habe und dann den Rest in die Schule mitnehmen musste. Das war furchtbar. Als ich in der großen Pause mein Schraubglas mit Müsli aus der Schultasche gefischt habe, hatte ich das Gefühl, dass mich alle anstarren und es total komisch finden. Ich war auch die einzige, die gegessen hat. Eigentlich habe ich mir eh gedacht, dass ich es jetzt nicht aufessen muss, Hunger hatte ich noch nicht wirklich einen, aber ich will das ja gar nicht. Ich will diese Gedanken loswerden. Ich will vor egal wem essen können, ohne das Bedürfnis zu kriegen, wegzulaufen und mich zu verstecken. Ich will doch gesund werden. Wieso denke ich dann schon wieder so?

So gerne würde ich mit jemanden darüber reden. Aber ich weiß leider nicht mit wem - meine Mutter möchte ich wirklich nicht die ganze Zeit mit dieser Geschichte belasten, sie hat es schließlich schon schwer genug mit der gesamten Situation und mit mir. Heute hätte ich ganz gerne mit einer Freundin darüber geredet. Aber ich komme mir schon wirklich blöd vor, wenn ich dauernd davon anfange. Wahrscheinlich interessiert es sie sowieso nicht und sie hat ja eh Besseres zu tun. Denn immer, wenn ich mit ihr reden wollte, musste sie zu einer anderen Freundin. Und ich finde das so schade. Natürlich freue ich mich sehr, dass die beiden sich haben und so weiter. Aber, dafür könnte ich mich auch schlagen, ich bin teilweise so traurig, weil ich nicht so was habe. Ich habe keine beste Freundin, mit der ich im Zeichenunterricht laut lachen kann. Und oft habe ich das Gefühl, dass sie wirklich genervt ist von mir.
Eigentlich ist es ja blöd, über so etwas hier zu schreiben. Nur dummes Geraunze meinerseits und ich hoffe ja, dass diese Freundin das hier nicht liest. Ich möchte mich ja wirklich nicht bei ihr aufregen, sie ist eh super. Aber es macht mich halt manchmal traurig. In letzter Zeit bin ich nämlich meistens alleine in der Klasse in den Pausen und fühle mich fehl am Platz. Und wenn sich meine Freundinnen etwas ausmachen miteinander, fühle ich mich noch komischer und weiß nicht, wohin mit meinen Händen...
Aber deswegen schreibe ich ja auch hier, weil ich so das Gefühl habe, mich ein wenig anvertrauen zu können. Und einfach alles schreiben kann. Leider wäre eine Interaktion, ein Gespräch momentan wirklich angesagt...

Naja. Jetzt aber wieder zurück zu meinen Gedanken.
Morgen muss ich von halb acht bis vier in der nächstgelegenen Stadt verbringen, in der Stadt, in der auch meine Schule ist. Ich habe bis um halb eins Unterricht und danach muss ich bis um drei warten, ab da gebe ich nämlich Nachhilfeunterricht. Und jetzt überlege ich schon dauernd, wie ich das mit dem Essen mache. Soll ich mir eine Jause mitnehmen? Soll ich frühstücken? Was soll ich machen? Es ist so schwierig. Und ich möchte mir darüber nicht meinen Kopf zerbrechen müssen, wie machen das andere, normale Leute?
Ich habe einfach so Angst, wieder zuzunehmen und wieder dick zu sein. Das möchte ich nicht. Jetzt habe ich so viel hinter mir, um dünn sein zu können; na gut, sonderlich dünn bin ich momentan nicht mehr, aber wenigstens nicht so wie früher.
Ich möchte nichts zu mir nehmen und habe wahnsinnige Angst schon wieder. Angst vor anderen zu essen und Angst vorm Essen im Allgemeinen. Ich überesse mich ja nur, wenn ich wieder anfange, deswegen sollte ich gar nicht erst zum Teller greifen, denke ich mir. Und ich denke mir so Vieles.

Vorgestern habe ich zum Beispiel bloß einen Teller Suppe gegessen. Und das war überhaupt kein Problem, also in Sachen Hunger. Dann überlege ich immer, warum ich das denn nicht jeden Tag mache. Und manchmal erwische ich mich dabei und könnte anfangen zu weinen. So wie nach dem Essen. Ich dachte schon, ich wäre aus dem Stadium raus, in dem mir zum Heulen ist nach dem Essen.
Aber ich weiß einfach schon wieder nicht, was ich machen soll. Wieso kann ich nicht einfach jemanden haben, der oder die mir immer sagt, wann ich was und wie viel davon zu mir nehmen soll? Andererseits möchte ich ja auch einmal selbstständig sein und auf eigenen Beinen stehen, dazu gehört leider auch, sich selbst versorgen zu müssen. Also esse ich. Ich esse, obwohl es mir wehtut und trotz Überwindung. Und ich weiß nicht, was ich dagegen tun soll. Am liebsten würde ich diese Teile meines Gehirns abschalten, die mich dauernd an solche Dinge erinnern.
Also, was mach ich jetzt wegen morgen?

2 Kommentare:

  1. Hallo liebe Lili!

    Mich ärgert es ein wenig, dass ich erst heute dazu kam, diesen Post zu entdecken :/
    Ich hätte dir gerne irgendetwas bezüglich des Frühstücks, hin oder her, geraten. Aber der Tag ist ja nun auch überstanden.

    Ich finde, du solltest nicht denken, dass du deine Mutter oder Freundin nicht zu oft mit deinen dich quälenden Gedanken nerven solltest. Es ist doch wunderbar, dass du ein gutes Verhältnis zu deiner Mutter hast. Und (für mich jedenfalls) gibt es kaum ein größeres Geschenk, als Vertrauen, dass jemanden gegenüber gebracht wird. Wenn sich Freunde etc. bei mir seelisch entlasten und ich zu Rate gezogen werde. Das ist wirklich ein tolles Gefühl. Klar, wenn man dem jenigen nicht helfen kann, dann gerät man in ein Gefühl der Ohnmacht. Aber dennoch. Dieses Vertrauen ist so viel wert. Es stärkt das Band zwischeneinander und manchmal - auch wenn man es in seinem Selbstmitleid gerne mal wegredet - manchmal hilft es schlicht und einfach, über seine Sorgen zu sprechen.


    Zu deinen wiederkehrenden Gedanken möchte ich auch gerne noch etwas sagen. Auf der einen Seite ist es normal, dass man nach so einer strapazierenden, durch die Psyche ausgelösten, Krise, hin und wieder in einen Rückfall-Strudel gerät, glaube ich. Ich habe auch irgendwann mal gelesen, dass Magersucht/Bulemie, ähnlich wie beim Alkoholmissbrauch, nie richtig "verheilt". Wahrscheinlich wirst du dich immer etwas mehr, als jemand, der noch nie damit in Berührung kam, mit deinem Körper und Nahrung und das ganze Drumherum beschäftigen.
    Aber da ist noch etwas anderes. In deinem letzten Post hast du von den Nebenerscheinungen erzählt, die dir vor Augen führten, wie schlecht es um dich stand. Das fand ich ziemlich beeindruckend. Ich habe nämlich von einigen Mädels gehört, bzw. gelesen, die bei solchen deutlichen Signalen ihres Körpers, eher noch mehr von sich enttäuscht waren. Sie haben es als Schwäche gedeutet und waren böse auf ihren Körper und Geist. Und diese negativen Gefühle nutzten sie dann, als Motivation weiter zu machen, wie gehabt.

    Bei dir scheint es anders gewesen zu sein. Du willst leben. Und zwar nicht "egal wie". Du willst gut leben. Und du bist nicht dumm. Du weißt, dass dein Körper Nahrung brauch und du weißt auch sicherlich, welche Organe, mit welchen Teilen des Essens was genau anstellen. Das Leben ist ein Geschenk und unser Körper spiegeln wieder, wie wir mit ihnen umgehen. Ihn im Bereich, Kohlenhydrate, Fette usw. an der Grenze zu halten äußert sich zwar durch Gewichtsverlust, aber es bringt auch andere Dinge mit sich. Wie den Haarausfall, Müdigkeit, Augenringe und fahle Haut.
    Es ist natürlich viel leichter gesagt, aber das Beste wäre, das Geschenk - deinen Körper - anzunehmen und mit vollster Überzeugung und Verantwortung gut dafür zu sorgen. Du weißt, wie das geht.

    As long, as you struggle with that, I'll be with you.

    Beste Wünsche,
    Vanessa

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  2. Ich muss mich leider schon wieder, und immer wieder, wiederholen, aber es ist wirklich wunderschön, so liebe Worte lesen zu dürfen. Vielen Dank dafür, mal wieder.
    Ich bin auch sehr froh, dass ich den Tag und die darauffolgenden wieder hinter mir habe - momentan geht es mir wirklich gut und das mit dem Essen funktioniert auch :)
    Aber es ist manchmal einfach viel zu komisch mit dem Ganzen... Und du wirst wohl recht haben, dass das in diesem Stadium irgendwie normal ist, aber trotzdem, ich wäre schon so gerne darüber hinaus. Und puh...ich hoffe sehr, dass es irgendwie "heilbar" ist, oder, dass ich nicht mehr so viel an die ganze Thematik denken muss, aber natürlich werde ich mir mehr Gedanken darüber machen als viele andere.
    Das ist wirklich, wirklich schlimm. Und es tut mir richtig weh, zu lesen, dass es Menschen gibt, die sich so wenig mögen, die so wenig von sich selbst halten, dass sie körperliche Beschwerden, die durch bestimmte Mängel hervorgerufen worden sind, als Schwäche abtun. Ja, etwas anderes außer schrecklich fällt mir dazu wirklich nicht ein. Vielleicht auch traurig.
    Wie du schon so wundervoll formulierst, unser Körper ist ein Geschenk und ich versuche einmal, mir das immer wieder vorzusagen.
    Und wegen dem Anvertrauen. Ich weiß auch nicht, ich möchte sie einerseits nicht belasten und andererseits, schwer zu sagen, im Falle dieser Freundin habe ich manchmal das Gefühl, es interessiert sie nicht wirklich beziehungsweise sie findet es anstrengend oder so...
    He, es tut mir sehr leid, dass ich dir nie in dem Ausmaß antworte, wie deine Kommentare eigentlich verdient haben. Aber ich bin immer ein wenig geplättet, von den lieben Worten, dass mir dann dieselben fehlen. Bitte, missversteh das nicht, es freut mich nämlich wirklich immer ungemein, zu lesen, was du dir denkst. Ich habe eh irgendwo anders geschrieben, dass es einfach schön ist, dass du noch so viel zu mir zu sagen hast. Also, ich schließe einfach mal mit einem Dankeschön - deine Sätze muntern immer unheimlich auf. :)
    Alles Liebe, L.

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