Dienstag, 12. August 2014

Und deswegen bleib ich analog.

Irgendwie ein ironischer Titel für einen Eintrag eines digitalen Blogs, der auf einer Internettastatur verfasst wird. Aber egal, außer diese Posts schreibe ich nur Facebook-Nachrichten am Computer, um ehrlich zu sein.




So, aber jetzt muss ich doch ein wenig ausholen. Eigentlich wollte ich heute einen Beitrag über meine ideologische Einstellung zu Brot und das Backen desselben hochladen. Ja, eigentlich. Und jetzt sitze ich auf meiner improvisierten Couch, versuche die Werbepause auf FM4 auszublenden und schreibe einen emotionsgeladenen Eintrag. Irgendwie bin ich schon wütend. Naja.
Und jetzt endlich zum Ausholen: Seit gestern ist irgendwie alles um noch eine Nuance bunter. Ich bin am Montag ganz von alleine, ohne Wecker bitte, schon um halb elf aufgewacht und das ist wirklich eine Leistung für mich, die zum Einen eine pathologische Langschläferin ist und außerdem erst um halb sieben in der Früh das Buch - der dritte und letzte (!!!!) Teil der Hunger Games - aus der Hand gelegt und wirklich die Augen nach einer durchquatschten und -lachten und -lesenen Nacht zugemacht hat. Und dann kam ich aus dem Grinsen nicht mehr heraus. Morgenroutine. Aber mit hundertmal mehr Elan. Ich hatte die Wohnung einmal wieder für mich - okay, ich liebe alle meine Mitbewohnenden unglaublich, aber die Küche, die die letzten Tage ein wenig okkupiert wurde, habe ich endlich mal wieder ohne Menschen vorgefunden und konnte mir ein wundervolles Frühstück zubereiten und habe wieder einmal Brot gebacken und dann hatte Zeit dafür, den gesamten Montags-Standard durchzulesen und habe mit der Familie telefoniert und die freie Küche einfach wirklich ausgenutzt. Und das alles zu Musik. Getanzt habe ich durchgehend. Bewegung. Lachen. Freude. Und heute ähnlich. Nur hat sich das Aufstehen auf neun verlegt; ich bin immer noch unheimlich erstaunt von mir und meinem Körper. Schlaf zahlt sich aus. Überall Musik. Der Radiosender hat einen guten Tag, so wie ich. Gespräche über Tiefgründiges, über Emotionales. Mundwinkel nach oben. Und meine sportlichen Aktivitäten, die eigentlich bloß Mittel zum Zweck waren, haben den Regen angezogen. Also bin ich lautstark singend noch vor zwölf Uhr durch Margareten am Skateboard gefahren und später die Seidengasse gefunden, dort muss ich nämlich abbiegen, um zur Thaliastraße zu fahren, möchte ich mich mit meinem Rad fortbewegen. Und ich hab irgendwoher noch mehr Energie.





Und ich bin froh darüber. Natürlich, dass es gerade so schön ist, ist schon von Grund auf toll. Für sich alleine gesehen. Aber es hilft auch. Es hilft einerseits, wenn nicht ganz positive Erinnerungen hervorgerufen werden, oder sich Unsicherheiten einschleichen. Und dann ist es eine große Stütze, wenn einfach blöde Dinge passieren.






So wie vorhin.

SD Karte defekt. Wollen Sie formatieren?

Alle Bilder, alle Schlagzeugnoten, alles, was ich auf dem Mobiltelefon gespeichert hatte, - und ich mit meiner Dummheit habe natürlich keine Backups angefertigt - ist jetzt weg. Ich weiß gar nicht, wie das geht, dass digitale Information gelöscht wird. Wäre auch sicher einmal spannend, zu sehen, wie das genau vor sich geht. Naja, ich habe ja das Facebook-App auf dem Handy, vielleicht schreib ich denen mal eine E-Mail, sie sollen mir meine Daten zukommen lassen.


Aber es ist nur halb so schlimm. Es sind, wie gesagt, Daten. Ein paar Bildpunkte und eigentlich nur Zeilen. Es gibt Wichtigeres. Trotzdem ist mir nur einmal wieder bewusst geworden, wie wundervoll es nicht ist, all die Fotos ausgedruckt zu haben, all das Geschriebene in einem Buch vorzufinden, die Termine analog im Kalender stehen haben.

Ich habe zwar einmal einen eBook-Reader geschenkt bekommen, aber den rühre ich so gut wie nie an. Ich hab auch einmal ein Buch - Benjamin Button - am Handy gelesen. Das war auch eine Erfahrung für sich. Aber ich komme nicht weg vom Umblättern. Ich brauche das Rascheln der Seiten und das Visuelle, dass mir signalisiert, wie weit ich schon mit dem Buch gekommen bin, wie viele Seiten noch übrig sind. Keine Prozentangaben. Ich möchte mich darauf verlassen können, dass ich es, sofern ich das Buch eingesteckt habe, auch immer lesen kann. Ohne auf die Akku-Anzeige starren zu müssen und hoffen, dass es die nächsten paar Stunden aushält. Ich weiß, Bücher brauchen viel Papier. Deswegen habe ich auch schon oft überlegt, nicht doch umzusteigen. Aber andererseits, ich muss mir aus dem Internet eine digitale Version runterladen - das verlangt Strom und die Internetserver senden auch nicht gerade wenig CO2 aus, ich muss das immer gleich aussehende, dünne, leichte Buch aufladen. Was ist also besser? Bibliotheken. Oder gebraucht kaufen. Irgendwie ein bisschen wie bei der Mode, nicht?






Und es ist doch so einfach, aus dem Internet Lieder runterzuladen. Man klickt sich durch YouTube und findet etwas, das dir gefällt und drückt bloß einen Button und schon hat man es. Okay, ganz analog - also bloß Vinyl und Kassetten - bin ich auch wieder nicht. Ich habe meine CD-Sammlung. Und die können zerkratzen und irgendwann nicht mehr abspielbar sein. Aber ich hab noch viel mehr als bloß die Daten. Ich habe ein angefertigtes Büchlein dazu und etwas in der Hand. Eine Geschichte, die die aneinandergereihten Lieder erzählen. Und einzelne CDs sollen kaputt gehen, ein paar bleiben doch trotzdem übrig. Was von der Musik, die ich auf meinem Handy verloren habe, übriggeblieben ist, weiß ich nicht. Wahrscheinlich gar nichts.
 




Ja, und dann das Schreiben. Das ist mir wichtig und irgendwo, ich weiß nicht, fühlt es sich nicht ganz so natürlich an, Tasten zu drücken und dann auf einem Bildschirm Zeichen aufscheinen zu sehen. Ich mag Handschrift. Ist persönlich. Ist leichter, weil es so direkt ist. Ich mag aber auch meine Brother-Schreibmaschine. Die ist zwar nicht ganz so direkt, aber man sieht jeden Vorgang, man kann alles nachvollziehen und das sofort. Und ich kann meine vollgeschriebenen Seiten aufbewahren, ich kann sie auch verlieren. Aber meine Tagebücher bleiben mir erhalten. Meine - naja, wie soll ich die Dinge, die ich mit der Schreibmaschine verzapfe, nennen? - Fragmente?, Gedichte?, Geschichten? sind noch immer nachzulesen, obwohl die SD-Karte kaputt ist.






Und dann gibt es doch noch die wundervolle Fotografie. Da hab ich digital begonnen und mich dann schlussendlich ziemlich distanziert davon. Analoges Fotografieren ist ein anderes Sehen. Du beobachtest und überlegst, nimmst ganz bewusst auf und drückst ab, im Hinterkopf die verbleibenden Fotos. Man kann nicht wahllos von allen Winkeln ein und dieselbe Sache ablichten. Gut, man kann schon, aber das wird dann teuer. Es muss nachgedacht werden. Es ist viel emotionaler. Für mich zumindest. Und die Tatsache, dass man dann wirklich Bilder in der Hand hält, spricht auch für sich. Wann lässt man denn schon die anderen Fotos auf Papier bringen? Vielleicht macht man das ja mit den Urlaubsfotos. Dann verschwimmt der Rest in den Untiefen der Festplatte. Bis diese auch irgendwann den Geist aufgibt. Und tausende Fotos sind weg. Schade. Aber hat man sich die auch wirklich wieder angesehen?






Im ersten Moment war ich schon sehr sauer. Traurig. Eingeschnappt. Aber zum Glück war das perfekte Selfie eh nicht bei den gelöschten Fotos. Und es ist nichts Schlimmeres passiert. Mein Handy ist noch ganz, es fehlt ihm bloß ein kleiner - 64 Gigabyte großer - Teil. Und ich schau auf mein E-Schlagzeug und bin sehr froh, dass ich die Möglichkeit habe, trotz Wohnung auf Trommeln zu hauen, freue mich aber schon sehr auf ein normales. Es ist doch etwas anderes. Ich kann mir zwar von 50 Pattern das Bestpassendste aussuchen, aber das klingt dann auch immer gleich. Ohne Charakter eben. Jedes andere Schlagzeug hört sich anders an. Man kann nachstimmen. Den Klang verändern. Und das Wesentliche bleibt trotzdem.






Regnet es morgen wieder? Vielleicht fahre ich ja wieder die Castelligasse entlang.



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