Donnerstag, 25. September 2014

Was gerade so in der Luft schwebt

Eigentlich habe ich mir schon vor Tagen vorgenommen, endlich einmal wieder ein paar mehr oder weniger sinnvolle - wie mans doch schon gewohnt ist hier :-) - zu verfassen, um sie online stellen zu können. Aber ein richtiges Thema ist nie aufgekommen. Natürlich, da gäbe es eine ganze Liste voller Titel, die sich über die Zeit angesammelt haben. Trotzdem habe ich momentan wenig Lust, über Diäten oder auf die Beckenknochen klopfen zu schreiben.


Immer noch auf der Matratze am Boden sitzend habe ich mir mein Coolpack mit einem Tuch um den Kopf gebunden. Vorgestern wurde mir nämlich ein Weisheitszahn operativ entfernt und das macht man dann ja so. Also, kühlen. Soll ja auch angeblich der Schwellung vorbeugen. Genau. Geschwollen ist meine eine Gesichtshälfte wie ein Hamster und langsam verfärbt sich eben diese auch in alle möglichen Farben. Naja, lila ist doch eh schon. Erinnert mich an Feminismus und an die Geburtstagstorte, die meine Schwester und ich für unsere Mutter zum Geburtstag bestellt haben. Also habe ich jetzt eine Feminismus-Torten-Backe. Auch nicht schlecht.

Auf jeden Fall merkt man erst so richtig, wie es ist, von zu Hause ausgezogen zu sein, wenn man sich selbst die Suppe kochen und die Hipp-Gläser einkaufen gehen muss, wenn zwar wirklich lieberweise die Tante mitkommt zur Operation, man aber den Weg zur Nachuntersuchung alleine gehen darf. Es kommt auch nicht die Mutter regelmäßig vorbei und fragt, wie es einer so geht. Der Vater versucht keine Aufmunterungsversuche. Eigentlich bin ich ja froh, dass ich trotzdem in die Arbeit gegangen bin heute. So kommt man doch auch wenigstens unter Menschen und kann sich ein wenig ablenken. Achja, die Schmerzmittel tun auch ihren Teil. Und ich weiß nicht, was es ist, aber es breitet sich eine gewisse Melancholie in meinem riesen Zimmer aus. Von meiner Leseecke, in der ich heute endlich den dritten Band von The Hunger Games fertig gelesen habe, macht sie ihren Weg und hängt so in der Luft. Vielleicht ist es die nicht gerade von freudigen Worten geladene Lektüre, die die Stimmung drückt. Vielleicht auch die Antibiotika. Es kann natürlich auch an der sich ankündigen Sinnkrise liegen.

Und ich muss schon wieder aufstehen. Das Coolpack ist heiß geworden. Stiegen rauf. Küchentür sowie Gefrierschrank auf. Coolpack raus. Türen zu. Stiegen runter. Versuchen, wieder eine bequeme Stellung einzunehmen.
Sinnkrise. Ja. Mit voranschreitenden Tagen, die allmählich immer kürzer werden, kommen neue Fragen auf. Wie wird das sein, das Studium? Wie mache ich das alles, so, fast auf mich alleine gestellt? Was mache ich zwischen den einzelnen Vorlesungen, wird sich jemand finden, der oder die mit mir Zeit verbringen möchte? Wie läuft das überhaupt alles ab? Planlos zu sein ist mir noch nie gelegen und jetzt muss ich mich auf ein (fast) völlig neues System einlassen, das ich immer noch nicht durchschauen konnte? Na das kann ja was werden. Ich lege ja ganz viel Hoffnung in das Erstsemestrigentutorium, das am Montag stattfindet. Vielleicht werden da dann einige Sachen ein wenig klarer. Vielleicht kenne ich mich dann zumindest ein bisschen aus.

Außerdem wollte ich heute unter Leuten gehen. Aber irgendwie, meine Großmutter hat schon recht, das Einzige, was in meiner Situation mit meiner Operation und so, hilft, ist, Ruhe zu geben. Liegen. Lesen. Schlafen. Mein Arzt hat mir ja sogar ein körperliches Betätigungsverbot erteilt, außerdem darf ich jetzt, bis die Nähte nächsten Mittwoch rausgenommen werden, kein Koffein oder Alkohol konsumieren.

Krank sein, oder außer Gefecht gesetzt zu sein, kann irgendwie ein bisschen einsam rüber kommen. Immerhin höre ich Lachen vom oberen Stock. Ich hab mich aber noch nicht entschieden, ob ich mich darüber freuen soll, oder noch mehr Demotivation in mir hochsteigt deswegen. Bei mir im Zimmer lacht niemand. Und dieser grausliche Geschmack lässt sich auch nicht abschütteln. Mein Mund schmeckt nach Zahnarzt. Aber irgendwie noch schlimmer.

Ich weiß nicht, es ist schwierig. Heute habe ich mich doch wieder ins Waldviertel zurückgewünscht.
Mit einem Vater, der sich um mich kümmert und der nach mir schaut. Mit der Familie, die für mich aber auch einfach nur da ist. Aber mein Zimmer bleibt unaufgeräumt, die Wäsche ungewaschen. Man schätzt es ja nie, solange man es hat, aber man glaubt gar nicht, wie viel das ausmacht, sich, wenn man mal weniger Kraft hat, nicht um die schmutzigen Kleider kümmern zu müssen. Zum Glück hat mein Mitbewohner heute für mich mit eingekauft.

Und ich verfalle in Selbstmitleid. Das finde ich ganz schrecklich bei mir. Ich halte das nur sehr schlecht aus. Aber naja, wenn man so bedürftig ist nach Mitleid, dann muss man wohl mit jedem vorlieb nehmen. Und ich möchte mir diesen Text gar nicht erst noch einmal durchlesen. Wahrscheinlich würde ich ihn dann mit einem Mal löschen, erst gar nicht veröffentlichen. Doch irgendwo ist das ja gerade das Schöne, oder eines der schönen Dinge, am Blog führen. Ich darf bestimmen, was geschrieben wird, was veröffentlicht und was wieder verworfen wird. Ob es gelesen wird, ist wieder eine andere Sache. Aber es geht übers Tagebuchschreiben hinaus. Ich kann meine Gefühle irgendwie versuchen, zu formulieren, oder Erfahrungen erzählen oder was auch immer, und mich so fühlen, als hätte ich es jemandem anvertraut. Auch wenn es keine Rückmeldung gibt.

Die Melancholie liegt wie eine zweite Decke in der Altbauwohnung über mir. Ob sie auch andere Menschen sehen können? Sie geht bis runter zu meinen Spiegelkästchen, die ich extra so weit hab aufhängen lassen, dass ich mich im Vorbeigehen nicht drin sehen kann. Den oberen Teil meines Kastens verhüllt sie schon. Ich muss mich noch entscheiden, ob mir dieses Gefühl recht ist. Manchmal ist melancholisch sein ja was ganz Feines. Wobei, es würde auch zur jetzigen Jahreszeit gut passen. Herbst-Blues, nicht?
Na mal schauen, wie es mit meiner Backe weiter geht. Vielleicht sieht sie ja morgen schon vergleichsweise besser aus. Ich klopfe auf alle Fälle auf Holz.

Achja, hab ich schon erwähnt, dass ich während meinem Zahnarzttermin Musik hören hab dürfen?
Hindi Zahra - Stand Up, der Oliver Rado Remix hat es mir momentan sehr angetan. Egal, ob es in der Früh ist, oder man versucht, einen Bohrer zu übertönen, das Lied geht überall gut.

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