Mittwoch, 15. Oktober 2014

Die Schokolade auf meinem Kastl und was sonst noch so passiert

Das Stadtleben ist toll. Wirklich. Wien hat es mir so angetan. So Vieles gibt es zu besichtigen, so Vieles zu sehen, auszuprobieren, zu schmecken und zu erleben. Ich muss doch noch die Ausstellung im jüdischen Museum besuchen! Und eigentlich möchte ich mich am Liebsten gleich wieder in die Prater Hauptallee zum Rad fahren auf den Sattel schwingen und das Handy zücken zum Zeit ausmachen. Wann hast du Mittagspause?
Und das Telefon klingelt. Eine neue Nachricht. Kalium-Gruppe. Achja! Ich studiere ja jetzt.
Ich muss das jetzt gleich noch einmal schreiben: ich studiere. Endlich. Schon ziemlich lang hab ich mich gefreut darauf. Und eigentlich kann ichs nur ganz schlecht beschreiben. Eigentlich bin ich ja verliebt. Es ist nämlich wirklich so. Das frühe Aufstehen lohnt sich einfach wirklich, nicht so wie in der Schule, wo ich mir gleich dreimal überlegt habe, ob ich mir Physik in der ersten Stunde echt antun möchte. Jetzt kribbelt es in der Magengegend und ich bin gespannt auf die nächste Enthüllung, die meine Vorlesungen so mit sich bringen. Vielleicht ist Mathe momentan noch ein wenig unterfordernd - wir wiederholen den Schulstoff und rechnen quadratische Gleichungen aus, kürzen Brüche, überlegen uns die Steigung an der Stelle P. Den Mathematik-Unterricht am Gymnasium muss ich doch sehr loben. Der hatte es zwar zeitweise in sich, aber - wie sagt man so schön? - jetzt trägt er Früchte. Und eigentlich macht es mir eh nichts aus, ich machs doch gern. Ist auch eine gute Abwechslung zum chemischen Gleichgewicht. Achja, wie rechnet man sich jetzt nochmal schnell die Einzelkonzentrationen im chemischen Gleichgewicht aus, wenn nur die Gesamtkonzentration gegeben ist? Ich werd schon noch drauf kommen! Sonst ruf ich meine Tutoren an und nerve sie mit meinen für sie wohl banal klingenden Kleinigkeiten.
Genau. Tutoren.
Ich studiere auf der Boku. Und das kann ich eigentlich nur allen ans Herz legen. Zuallererst gab es einmal eine ganze Woche voll gepackt mit neuen Namen, Ausflügen, Veranstaltungen und noch einzuordnenden Gesichter. Wir wurden in Kleingruppen gespalten und haben uns kennengelernt, die ganze Zeit miteinander zugebracht und haben uns aneinander gewöhnen können. Jetzt sehe ich die Menschen von Team Kalium beinahe täglich, begrüße manche mit einer Umarmung und der Kontakt ist eigentlich - Technologie sei dank - stets aufrecht.
Ganz Liebe studieren mit mir. Und das Schöne daran? Eigentlich kann ich mit jeder Person im Hörsaal ein bisschen ins Reden kommen, weil wir zumindest ein gemeinsames Interesse haben. Glucose-Oxidase und das Periodensystem. Das lerne ich gerade übrigens auswendig. Bor, Aluminium, Gallium, Indium und Thallum. Das sollte die Bor-Gruppe sein. Die dritte Hauptgruppe also. Wenns wahr ist - so ganz firm mit dem Aufbau bin ich noch nicht so ganz. Aber ich weiß, dass das Symbol von Antimon Sb ist. Warum auch immer. Ganz so konsequent logisch sind sie dann doch nicht, die Naturwissenschaften. Aber egal, das macht sie Sache wenigstens ein bisschen lustiger. Außerdem gibt es ein Element, das Strontium heißt. Und ich bin mir wirklich nicht so sicher, ob ich mir die einzelnen Elektronenkonfigurationen auch wirklich merken werde, aber das macht nichts. Wie gesagt, das Periodensystem der Elemente ist auf seine eigene Art und Weise lustig. 
Und nächste Woche hab ich Einstiegstest und gestern war ich in der Bibliothek in der Türkenschanze und hab meine Nase in die Bücher gesteckt und bin mir so schrecklich erwachsen vorgekommen. Das ist gerade irgendwie sehr komisch. Ich studiere. Ich kaufe ein. Ich koche. Ich wasche Wäsche. Ich räume auf. Ich wohne allein. Ich bin auch am Papier schon erwachsen und alles. Aber momentan komm ich mir wirklich nicht sonderlich erwachsen vor. Obwohl ich ja eigentlich die meisten Voraussetzungen erfülle beziehungsweise erfüllen sollte. Ich bin irgendwo dazwischen stecken geblieben. Als Kind kann ich mich nämlich auch nicht mehr selbst beschreiben. 

Und es wird immer besser. Natürlich gibt es Tage, da funktioniert gar nichts, da fühle ich mich einfach nur schlecht. Aber das geht halt irgendwo schlecht, dass ich diese Melancholie so wirklich auslebe, weil ich doch die ganze Zeit umgeben bin von Menschen, mit denen ich reden möchte und von denen ich gerne hätte, dass sie von mir denken, ich sei gut drauf und motiviert und so weiter. Da hab ich erst gestern mit einem ganz lieben Freund darüber geredet. Er hat nämlich erzählt, dass er wohl deswegen eben so lieb ist, weil er sich so viele Gedanken darüber macht, was andere von ihm denken. Immer dieses Denken. Und diese Wortwiederholungen! Naja, meine Deutsch studierende Mitbewohnerin wirds eh nicht lesen und selbst wenn, wird sie es mir hoffentlich verzeihen. Auf jeden Fall hat er damit den sprichwörtlichen Nagel auf den noch sprichwörtlicheren Kopf getroffen und das ausgesprochen, was ich mir noch nicht so ganz getraut habe, zuzugeben. Ich möchte ja schließlich sehr gerne, dass das Bild von Lili eben super gelaunt und strahlend und gut angezogen und nett und so weiter ist. Wollen wir das nicht irgendwo alle? Aber dennoch ist das sehr häufig auch ausschlaggebend für mein Verhalten. Also, dass ich dann herum hüpfe und mir meinen grimmigen Blick verkneife. Aber das ist jetzt vielleicht auch ein wenig drastisch formuliert. Energien hab ich ja momentan auch - endlich! - wieder viele. 
So. Jetzt hab ich mich schon wieder in ein Gedankenkonstrukt verstrickt. Naja, aus eben solchen ist ja auch die ganze Seite hier aufgebaut. 
Auf alle Fälle, wenn ich nicht umgeben bin von wundervollen Augen und schönen Händen und lieben Worten, dann schau ich in mein Chemie-Skript und ärgere mich darüber, dass ich es einfach nicht schaffe, ein Lösung für dieses Beispiel zu finden oder freue mich darüber, dass ich mir eine Molmasse ausrechnen kann, ohne großartig Zeit mit Überlegen zu verbringen. 

Und dann muss ich ja auch noch Marmeladengläser anpinseln!
Und mein Bett zusammen bauen. Genau! Ich habe nämlich endlich ein richtiges Bett, und was für eines. Letztes Wochenende hat der Freund meiner Schwester zusammen mit meinem Vater Holz und Werkzeug gebracht und wir haben gewerkt. Morgen kaufe ich mir wahrscheinlich auch noch eine Matratze und überlege mir weiter, was ich mit der gestern ebenfalls geholten Europalette, die gerade nur mitten im Zimmer steht, anfangen werde. Vielleicht Blumen draufstellen, oder als Kastl umfunktionieren, oder doch einen Tisch daraus bauen. Und das Internet wird durchforstet, was gibt es so für gute DIY- oder upcycling-Blogs? Eigentlich würde ich ja auch gerne immer mal wieder posten, was ich so anfange mit meinem Zimmer. Beispielsweise habe ich erst Einmachgläser an Faden an den Lattenrost meines Hochbettes geknotet und Kerzen hineingestellt. So eine Beleuchtung ist wirklich was unglaublich schönes. Aber ich weiß nicht. Vielleicht wird das noch. Vielleicht schaff ich es auch, endlich wieder regelmäßiger meine Gedanken hier zu entleeren und darüber zu schreiben, wie stolz ich eigentlich bin auf mich, dass ich mir letzte Woche eine Tafel Schokolade gekauft habe. Ganz alleine, ohne Anstoß oder so. Ich hatte nämlich wahnsinnigen Heißhunger und nichts, um ihn zu befriedigen, deswegen hab ich halt sehr viel von irgendwas gegessen und wenn das wieder passieren sollte, bin ich vorbereitet. Es ist eher ein Riegel und rosa verpackt. Natürlich fair und bio und vegan und ohne Zucker sondern mit Kokoszucker und rohem Kakao und Goji-Beeren. Aber trotzdem. Ich bin vorbereitet! 


Und, ist sie zu entdecken zwischen all dem Chaos? Und ja. Ich habe mir eine ganze Kanne Kaffee gemacht. Die trink ich auch. :)


Außerdem gibt es noch so viel Bandtechnisches zu erzählen. Die nächsten drei Wochen spielen wir jedes Wochenende in einem anderen Bundesland, angefangen mit Wien. Und wir verkaufen Hauben und Kassetten und proben ganz viel und regelmäßig.
Und eigentlich weiß ich gar nicht, worauf ich mit diesem Eintrag eigentlich wollte. Ich wollte nur loswerden. Was auch immer. Vielleicht kommt auch irgendwann einmal ein sinnvoller Post. Ich hab in meinen Kopf eh eine ganze Liste voller Ideen, die ich gerne verfassen möchte. Aber gerade war es mir ein Anliegen, einfach drauf los zu schreiben. Ein bisschen Luft aus dem Kopf lassen und mich über mein Studium und über meinen letzten Einkauf freuen. 

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